Mariahilfer Straße: Fußgängerzone im März auf dem Prüfstand

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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49.055 Bewohner von Mariahilf und Neubau stimmen über die Fußgängerzone ab: Ob sie bleibt und wenn ja, ob Radfahren erlaubt ist.

Wien. Ja oder Nein. Diese beiden Optionen für das weitere Schicksal der verkehrsberuhigten Mariahilfer Straße standen schon länger fest. Nun hat die rot-grüne Koalition im Wiener Rathaus auch die dazugehörigen Fragen fixiert. (Wobei es sich auf der Ebene der Satzgrammatik gar nicht um Fragen, sondern um Aussagesätze handelt, aber das nur nebenbei.) „Die Verkehrsberuhigung der Mariahilfer Straße soll beibehalten werden“ ist eine davon, ihr gegenüber steht „Die Verkehrsberuhigung der Mariahilfer Straße soll rückgängig gemacht werden“.

Anfang März können 49.055 Bewohner der Bezirke Mariahilf und Neubau darüber abstimmen, ob die Verkehrsberuhigung der Mariahilfer Straße vom Test- in den Normalbetrieb übergeht. Oder ob das Prestigeprojekt der grünen Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou beendet und der ursprüngliche Zustand wiederhergestellt wird. Stimmt jemand für die Verkehrsberuhigung, kann er zusätzlich ankreuzen, ob weitere Querungen für den Autoverkehr geöffnet und ob Radfahrer aus der Fußgängerzone verbannt werden sollen.

Heute, Freitag, werden die Fragen und die weiteren Rahmenbedingungen im Wiener Gemeinderat mittels eines rot-grünen Antrags beschlossen. Dazu gehört unter anderem die formale Art der Befragung – sie wird nicht als Volksbefragung abgehalten, sondern als „Meinungserhebung“ durch den Magistrat. Diese Lösung, auf die sich SPÖ und Grüne geeinigt haben, ermöglicht, dass auch EU-Bürger mit Hauptwohnsitz in einem der beiden Bezirke mitstimmen dürfen. Insgesamt sind laut dem grünen Klub in Mariahilf 24.499 und in Neubau 24.556 Menschen teilnahmeberechtigt.

Nicht stimmberechtigt sind allerdings die Geschäftsleute der beiden Bezirke, so sie nicht auch dort hauptgemeldet sind. Was daran liegt, dass die Befragung formal nach den gleichen Kriterien durchgeführt wird, die auch bei einer Bezirksvertretungswahl gelten. Damit erübrigt sich auch die Frage, wer bei einem Unternehmen überhaupt stimmberechtigt wäre – Besitzer, Geschäftsführer, Filialleiter oder bei größeren Betrieben die Belegschaft.

Geschäftsleute ausgeschlossen

Der Ausschluss der Geschäftsleute von der Wahl ist es allerdings, der Rot-Grün die meiste Kritik einbringt. „Ihre Stimme nicht hören zu wollen, ist ein Schlag ins Gesicht jener, die in den Bezirken Arbeitsplätze schaffen“, kritisiert Wiens Wirtschaftskammerpräsidentin Brigitte Jank in einer Aussendung. Denn genau jene 9000 Betriebe in den beiden Bezirken seien es, so Jank, die „die Auswirkungen der neuen Verkehrssituation am stärksten zu spüren bekommen“. Auch FPÖ und ÖVP ziehen bei dieser Kritik mit, die Freiheitlichen stoßen sich auch daran, dass EU-Bürger stimmberechtigt sind.

Die Fragestellungen selbst befindet man in der Wiener ÖVP allerdings für in Ordnung – schließlich biete das Votum eine echte Alternative und keine „No-na-Fragen“ wie bei der im März durchgeführten Wiener Volksbefragung. Es sei ein „Sieg für die direkte Demokratie“, formuliert es Landesparteichef Manfred Juraczka. Die Menschen hätten nun selbst die Chance, die Entscheidung über die „Fußgängerzone Modell Vassilakou“ in die Hand zu nehmen.

Nach dem Beschluss des Votums im Gemeinderat soll auch noch der Zeitraum für die Durchführung festgelegt werden. Fest steht allerdings schon, dass die Teilnahme sowohl mittels Brief als auch bei eigenen Annahmestellen möglich sein wird. Im Vorfeld sollen alle Stimmberechtigten auch rechtzeitig die Informationen zum genauen Ablauf erhalten.

Nicht unmittelbar mit der Abstimmung verbunden ist eine weitere mögliche Änderung: Im Büro von Maria Vassilakou hält man eine neue Linienführung der Buslinie 13A für denkbar – falls diese bei allen Beteiligten Zustimmung fände. Eine Bürgerinitiative hatte mobil gemacht, seit der Bus wegen der Verkehrsberuhigung eine neue Route durch den sechsten Bezirk fährt. Konsens gebe es laut einem Vassilakou-Sprecher jedenfalls darüber, dass von einer Verkehrsberuhigung möglichst alle Bewohner in den angrenzenden Bezirken profitieren müssten. (eko/APA)

DIE FRAGEN IM WORTLAUT

A) Die Verkehrsberuhigung der Mariahilfer Straße soll beibehalten

werden.

Für den Autoverkehr sollen Querungen geöffnet werden. (Ja / Nein)

Das Radfahren soll im Bereich der Fußgängerzone erlaubt bleiben.

(Ja / Nein)

B) Die Verkehrsberuhigung der Mariahilfer Straße soll rückgängig

gemacht werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.12.2013)

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