Studie: Ungeordneter Zugang zum Gesundheitssystem

Das AKH in Wien
Das AKH in WienAPA/ROLAND SCHLAGER
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Die Spitalsrate der Österreicher ist zu hoch. Jeder Sechste geht zum Facharzt ohne vorher beim Allgemeinmediziner gewesen zu sein.

Eine Studie von Wiener Wissenschaftlern belegt neuerlich, was die gesundheitspolitischen Diskussionen und OECD-Daten für Österreich seit langem zeigen: Der Zugang der Patienten zu Allgemeinmedizinern, Fachärzten und Spitalsambulanzen bis hin zu stationären Aufnahmen erfolgt unkoordiniert. Die Spitalsrate ist hoch.

Kathryn Hoffmann und die Co-Autoren vom Zentrum für Öffentliche Gesundheit der MedUni Wien haben relativ alte Daten analysiert. Sie stammen aus dem bisher letzten "Austrian Health Interview Survey 2006-2007" mit einem Fragebogen zu 450 Punkten. Diese Umfrage wird in den Ländern der EU regelmäßig durchgeführt. Aus der Erhebung von 2006/2007 wurden die Eigenangaben von 15.474 Österreichern analysiert. Kerndaten: In den der Befragung vorangegangenen zwölf Monaten hatten 78,8 Prozent der Probanden einen Allgemeinmediziner besucht, 67,4 Prozent einen Facharzt konsultiert, 18,6 Prozent waren in eine Ambulanz gegangen und 22,8 Prozent ins Spital aufgenommen worden.

Zu viele gehen ins Spital

Zumindest die Daten über die Spitalsaufnahmen überraschen: Laut OECD kommen von 1.000 Österreichern 265 zumindest einmal jährlich ins Spital (26,5 Prozent). Im OECD-Schnitt sind es nur 158 je 1.000 Einwohner. Die in der Umfrage genannten stationären Aufnahmen sind also deutlich unter jenen der OECD-Daten für Österreich. Da es in Österreich kein Hausarztmodell gibt, bei dem Fachärzte und Krankenhäuser (Spitalsambulanzen, ev. stationäre Aufnahme) primär erst auf Zuweisung durch den Allgemeinmediziner aufgesucht werden kein Wunder, wie die Autoren schreiben: "15,1 Prozent besuchten einen Facharzt, 8,5 Prozent eine Ambulanz und 8,1 Prozent kamen ins Spital, ohne einen Allgemeinmediziner konsultiert zu haben."

Schlechte Schuldbildung als Grund

Schlechte Schulbildung und Migrationshintergrund führten zu einer höheren primären Inanspruchnahme von Ambulanzen und Spitälern. Während die Rate der Inanspruchnahme von Allgemeinmedizinern in Österreich und vergleichbaren Staaten ähnlich ist (Österreich: 78,8 Prozent innerhalb eines Jahres; Norwegen: 74,8 Prozent; Irland: 72,8 Prozent; Deutschland: 67,9 Prozent; Frankreich: 80,5 Prozent), liegt Österreich bei den Facharzt- und Ambulanzbesuchen mit 67,4 Prozent im Vergleich zu Ländern mit einem Hausarzt-basierten System natürlich höher.

In Norwegen gehen demnach nur 17 Prozent der Patienten in eine Ambulanz oder zum Facharzt, in Irland 24,8 Prozent. Auf der anderen Seite liegen die Deutschen ohne flächendeckendes Hausarztmodell bei diesen Zahlen ähnlich wie die Österreicher. Studien in Vorarlberg haben ergeben, dass 65 Prozent der Patienten, die ohne Zuweisung in eine Spitalsambulanz kommen, auch in der niedergelassenen Praxis betreut werden können. In der Diskussion zu ihrer Studie stellen die Wiener Experten fest, dass fast jede sechste Person, die in Österreich zum Facharzt kommt, fast jeder elfte Ambulanzpatient und jeder zwölfte Patient mit stationärer Aufnahme vorher nicht beim Allgemeinmediziner war.

(APA)

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