Doppelt so viel Feinstaub wie erlaubt

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Die Kälte treibt die Feinstaubwerte hoch: In Wien oder Linz wurden Grenzwerte um das Doppelte überschritten. Rund um die Mariahilfer Straße soll die Luft aber sauberer werden.

Wien. Der Donnerstag war ein unbefriedigender Tag. Zumindest, wenn es um den Feinstaub in Wien geht. Denn die Belastung durch Pm10, (particulate matter) – das ist die häufigste Feinstaubkategorie – wurde am Nachmittag an 13 der 17 Wiener Luftmessstellen als „unbefriedigend“ bewertet. Das heißt laut „Wiener Luftgüteindex“, dass die Werte 50 bis 100 Mikrogramm pro Kubikmeter erreichen. Der Grenzwert liegt bei 50 Mikrogramm. Sehr empfindliche Menschen, Kinder, ältere Leute und Menschen mit Atemwegs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen spüren aber schon bei geringerer Dichte Folgen der Luftverschmutzung.

In Linz – auch dort wurde der Grenzwert an mehreren Tagen in Folge überschritten – hat die Landesregierung die Bewohner schon angehalten, ihre Autos wenn möglich stehen zu lassen, außerhalb der Stadt nicht schneller als 100 km/h zu fahren und nicht mit Kaminen und Kachelöfen zu heizen.

Ein Kälteeinbruch wie jener der vergangenen Woche treibt die Feinstaubwerte hoch: durch die Emissionen der Heizungen, der Kraftwerke, der Fahrzeuge und des Winterdienstes. Das schafft besonders in den Städten eine hohe Belastung. In Wien und Linz, sagt Feinstaubexperte Jürgen Schneider vom Umweltbundesamt, wurden zuletzt teilweise Werte von 100 Mikrogramm pro Kubikmeter – also das Doppelte der Grenzwerte – gemessen. Denn zu den üblichen Winteremissionen ist Feinstaub aus dem „Ferntransport“ gekommen, wie Schneider erklärt.

Belastete Luft aus dem Osten

Während Westwetterlagen Feinstaub verblasen, sorgen Wetterlagen wie die jüngste, bei der Luft aus dem Süden oder Osten Europas mit relativ geringer Windgeschwindigkeit nach Österreich kommt, für eher hohe Belastung: Auch, so Schneider, weil es in den aktuellen Quellregionen Südpolen und Mähren zuletzt besonders kalt und die Luft dort schon entsprechend verschmutzt war. Schneider spricht für Österreich von einer aktuell „massiven Belastung“, die für die momentanen Wetterbedingungen aber nicht ungewöhnlich ist. Und: Auch wenn jede kleine Reduktion – etwa der Verzicht auf das Auto – die Belastung für die Gesundheit verringere, werde die Belastung in den Städten wohl erst mit einem Wetterumschwung unter die Grenzwerte sinken. Ein solcher Umschwung ist zurzeit nicht in Sicht: Bis Montag, so die Prognose der ZAMG, dürfte es im Süden Österreichs stark schneien. An der Nordseite der Alpen wird allerdings Föhn erwartet.

Während die Belastung durch Feinstaub im Winter also steigt, soll sich aber zumindest in Mariahilf und Neubau die Luft verbessert haben: In Mariahilf sei die Feinstaubbelastung durch Kfz-Verkehr von Juni auf Oktober 2013 um 15 Prozent gesunken, die Belastung durch Stickoxide um 14 Prozent, durch Benzol um fast 18 Prozent. Das geht aus einer Erhebung hervor, die am Donnerstag von den Verkehrssprechern der Wiener SPÖ und der Grünen präsentiert wurde.

Im Nachbarbezirk Neubau sei die Entlastung geringer: Die Feinstaubwerte sanken um rund zwei Prozent, die Stickoxide um 1,5 Prozent, die Benzolbelastung um etwa drei Prozent. Das liege, so der grüne Verkehrssprecher, Rüdiger Maresch, an den verkehrsberuhigenden Maßnahmen in der Mariahilfer Straße oder Durchzugsstraßen wie der Burggasse. Die Belastung sei auch in den angrenzenden Bezirken reduziert worden, heißt es.

Die Opposition aber kritisiert eine „Pseudostudie“: „Transparente und seriöse Information schaut anders aus“, so Roman Stiftner, der Verkehrssprecher der ÖVP Wien. Denn schließlich wurden die Werte nicht gemessen, sondern vom Büro Areal Consult nach einem Verkehrsmodell berechnet. Das heißt: Im Juni wie im Oktober wurden an einigen Stellen in den Bezirken Autos gezählt, anhand von Durchschnittsemissionen wurden Werte (und prozentuelle Reduktion) errechnet.

Modell besser als Messung?

Warum wurde damals keine Messung gemacht? Zum einen, so Maresch, weil durch das Modell und die Zählung an etlichen Standorten– an allen wichtigen Straßen, wie er gegenüber der „Presse“ betont – die Belastung für den ganzen Bezirk erhoben worden sei. Messungen hätten nur punktuell durchgeführt werden können. Zum anderen, weil gemessene Werte von vielen Faktoren beeinflusst würden, etwa vom Wind. Außerdem könne man Luftwerte von Messungen im Juni und Oktober – Stichwort Emissionen durch Heizungen – ja kaum miteinander vergleichen.

AUF EINEN BLICK

Der Kälteeinbruch der vergangenen Tage treibt die Feinstaubwerte in Höhen, in denen die Belastung als gesundheitsschädlich gilt. In Linz wurden die Grenzwerte heuer schon an 13 Tagen überschritten, in Wien an fünf Tagen.

Im sechsten und siebten Bezirk dürfte die Luft aber in Folge der Verkehrsberuhigung etwas besser werden; das geht zumindest aus einer Erhebung hervor, die die Stadtregierung präsentiert hat. Die ÖVP kritisiert sie als „Pseudostudie“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.01.2014)

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