Darf die Polizei Unfalllenkern das Handy abnehmen?

Telefonieren am Steuer.
Telefonieren am Steuer.Michaela Bruckberger
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In Köln beschlagnahmt die Polizei Handys, um herausfinden, ob Lenker zum Zeitpunkt eines Unfalls telefonierten. Auch in Österreich ist das grundsätzlich möglich.

Die Kölner Polizei beschlagnahmt seit Jahresbeginn nach schweren Verkehrsunfällen ohne offensichtliche Ursache die Handys der beteiligten Lenker, um überprüfen zu können, ob das Handy zum Zeitpunkt des Unfalls benützt wurde und der Lenker dadurch abgelenkt war. Ob die Handydaten tatsächlich ausgewertet werden, entscheidet später die Staatsanwaltschaft. Erfahrungswerte habe man bis jetzt noch keine, da diese Maßnahme sehr selten angewendet werde - so wurden in Köln seit Jahresbeginn erst knapp zehn Handys beschlagnahmt.

Als Grund für diese neue Ermittlungsmethode gibt die Kölner Polizei gegenüber der "Presse" die stark gestiegene Zahl der Unfälle mit ungeklärter Ursache an. Man vermutet daher einen Zusammenhang mit der steigenden Zahl an Smartphone-Besitzern.

In Österreich denkbar?

Ist die routinemäßige Abnahme von Mobiltelefonen durch die Polizei auch in Österreich denkbar? Nein. Damit nach einem Verkehrsunfall ein Handy beschlagnahmt wird, braucht es einen konkreten Verdacht (beispielsweise eine Zeugenaussage), wonach das Telefonieren am Steuer den Unfall verursacht haben könnte.

Diese Sicherstellung eines Handys als Beweismittel kann aber nur die Staatsanwaltschaft beantragen. Nur in Ausnahmefällen (bei "Gefahr im Verzug") kann die Polizei Mobiltelefone von sich aus einsammeln – was so gut wie nie vorkommt. Ein mögliches Szenario für einen Fall von "Gefahr im Verzug" wäre jemand, der unmittelbar nach einem von ihm verursachten Unfall sein Handy zerstören will.

Straftat als Voraussetzung

Viel wahrscheinlicher und gängiger als die Beschlagnahmung eines Handys ist die sogenannte Rufdatenrückerfassung beim Netzanbieter, bei der nach einem richterlichen Beschluss Anrufe und SMS auf die Sekunde genau ermittelt werden können (Handydaten könnten vom Besitzer gelöscht worden sein).

Die Voraussetzung dafür sind Straftaten, auf die eine Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr steht. Etwa die „fahrlässige Tötung unter besonders gefährlichen Verhältnissen“ – wenn jemand beispielsweise in alkoholisiertem Zustand einen Verkehrsunfall mit Todesfolge verursacht.

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