Wie die U-Bahn Favoriten verändert

Nationalratspräsidentin Barbara Prammer beim Anstich eines Tunnelabschnittes
Nationalratspräsidentin Barbara Prammer beim Anstich eines TunnelabschnittesAPA/WIENER LINIEN / THOMAS JANTZ
  • Drucken

U1-Verlängerung. Der Bau schreitet rasch voran, doch auch Kritik wird laut. Etwa an der Endstation, wo massive Bautätigkeit und starker Andrang von Pendlern befürchtet werden.

Wien. Nationalratspräsidentin Barbara Prammer höchstpersönlich rückte vor Kurzem aus, um am Verteilerkreis in Wien Favoriten medienwirksam 30 Meter in die Tiefe zu steigen. Der Grund für den Abstieg Prammers in die Favoritner Unterwelt war der offizielle Anstich eines Tunnelabschnittes im Zuge der U1-Verlängerung. Und dass die Top-SPÖ-Politikerin dafür zur Verfügung stand, hat sicher auch seinen Grund darin, dass die U-Bahn hier durch ureigenes SPÖ-Territorium führt und man den Wählern gern zeigt, wie wichtig die Stadt die öffentlichen Verbindungen nimmt.

Tatsächlich wird seit der politischen Grundsatzentscheidung, die älteste Linie in Wien über die bisherige Endstation, Reumannplatz, in den Süden zu verlängern, eifrig geplant und gebaut. Bis zum Jahresende sollen alle Tunnel in der ersten Ausbaustufe fertig sein, dann beginnt der Innenausbau der Stationen und der Stationsschächte. Spätestens Ende 2017 sollte dann die erste U-Bahn durchgehend fahren.

Wie stark verändert die U-Bahn-Verlängerung das südliche Favoriten? „Die Presse“ hat sich die Streckenführung und die Stationen angesehen, welche Bedeutung sie für den Bezirk haben – und wo es weiter Kritik gibt.

Station Troststraße

Die erste Station südlich des Reumannplatzes wird die Troststraße im zentralen Favoriten. Hier dominieren derzeit Baustellenlärm und Absperrungen. In Zukunft kann da interessantes Wohngebiet entstehen, denn es ist zwar keine Verlängerung der Fußgängerzone Favoriten spruchreif, aber ein verstärkter Ausbau des Fuß- und Radwegsystems.

Station Altes Landgut

Sie entsteht mitten im Verteilerkreis. Im 19.Jahrhundert war dieses Gebiet für seinen Lehmabbau bekannt; mittlerweile ist hier einer der zentralen Verkehrsknotenpunkte von Wien. Rund 85.000 Autos sind täglich auf dem Verteilerkreis unterwegs. Und darunter führt die Tangente, die meistbefahrene Straße Österreichs. Die U-Bahn wird hier 30 Meter unter der Erde verlaufen, die Gestaltung der U-Bahn-Stationen ist eine besondere Herausforderung.

Jetzt hat dieser Verkehrsplatz neue Dynamik bekommen. Denn Ende vergangener Woche hat die grüne Vizebürgermeisterin, Maria Vassilakou, Pläne für die neue Gestaltung des Verteilerkreises bekannt gegeben: Das der Asfinag gehörende Areal, mit fast 40.000 Quadratmetern gar nicht so klein, soll ein neues Stadtviertel werden. „Es wird ein neues Zentrum für Favoriten, eine urbane Mitte des Bezirks“, so die Politikerin euphorisch. Auf dem Platz sollen Geschäfte und Gastrobetriebe errichtet werden, sowie bis zu 70 Meter hohe Bürogebäude, darunter die künftige Asfinag-Zentrale. Unter dem ganzen ist eine Park-and-ride-Anlage für 700 Autos geplant. Und natürlich die U-Bahn-Station.

Wie das „urbane Zentrum“ trotz des weiterhin tosenden Verkehrs rundherum funktionieren wird – zwei Fußgängerbrücken vom Verteilerkreis zu den umliegenden Gebieten sind geplant –, wird sich noch weisen. Die Sorge, dass es zu einem reinen Büroviertel mit wenig Leben in der Nacht verkommen könnte, ist auch nicht unberechtigt.

Station Alaudagasse

Die nächste U-Bahn-Station, Alaudagasse, ist das Tor zur Per-Albin-Hansson-Siedlung, einem großen Einzugsbereich, in dem fast 40.000 Bewohner leben. Auf der anderen Seite der Favoritenstraße befindet sich die Fachhochschule Campus Wien. Die Studenten werden aber eher die U-Bahn-Station Altes Landgut nutzen. Geplant sind übrigens eine FH-Erweiterung und ein Studentenheim.

Station Neulaa

Südlich des Stockholmer Platzes wird die U-Bahn nicht mehr unterirdisch geführt, sondern auf Straßenniveau fahren. Die Station Neulaa wird ebenerdig errichtet und zwar auf der Trasse der Straßenbahnlinie 67, deren Schienen schon längst entfernt sind. Auf halbem Weg zur nächsten Station wird übrigens auf Höhe An der Kuhtrift eine Park-and-ride- Anlage errichtet, aber nur für 300 Autos. Alfred Hoch, VP-Chef von Favoriten, befürchtet daher, dass die Stationen Neulaa und Oberlaa viele Pendler aus Niederösterreich anziehen könnten, die Parkplätze suchen würden und die Ortskerne von Rothneusiedl und Unterlaa verstopfen könnten.

Station Oberlaa

Die Endstation der U1 wird bei der Therme Wien errichtet. Doch woher die Passagiere kommen sollen, ist derzeit noch fraglich. Die Therme wird zwar von etwa 2000 Menschen am Tag besucht, das sind etwas mehr als zwei volle U-Bahn-Garnituren. Sonst ist hier nicht viel zu sehen: ein Hotel, ein Seniorenheim und südlich der Bahnlände die Einfamilienhäuser von Unterlaa. Also wird befürchtet, dass die Stadtplanung kräftig wird bauen müssen. Vor allem auf dem Areal des ehemaligen, mittlerweile abgerissenen AUA-Hauptquartiers in der Fontanastraße könnten hohe Wohnanlagen errichtet werden. Das Gebiet rundherum ist aber als Erholungsgebiet gewidmet, und Eingriffe würden vehemente Proteste hervorrufen. Option Rothneusiedl: Bei der Alaudagasse wird eine Weichenanlage gebaut, die es ermöglicht, hier doch noch einmal eine U-Bahn nach Rothneusiedl zu führen. Vielleicht in der übernächsten U-Bahn-Ausbaustufe, heißt es im Rathaus.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.04.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

U5 in Wien wird gebaut.
Wien

Es ist fix: U5 in Wien kommt

Die Strecke wird zunächst vom Alten AKH zum Karlsplatz verlaufen - also vorwiegend auf einem Teil der derzeitigen U2-Strecke.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.