FKK-Bad: Jugendamt als Dank für Beschwerde über Spanner

Strandbad Gänsehäufel
Strandbad Gänsehäufel(c) Clemens Fabry
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Ein Mann beschwert sich regelmäßig im Rathaus über Spanner, die im Wiener Strandbad Gänsehäufel Kinder beobachten. Die Stadt Wien schickt ihm dafür das Jugendamt nach Hause.

Wien. Ein Mann kämpft seit Jahren gegen angebliche Pädophile und Spanner im FKK-Bereich des Wiener Freibads Gänsehäufel. Doch die Stadt Wien glaubt ihm nicht. Im Gegenteil, sie schickt ihm das Jugendamt ins Haus. So erging es dem Wiener Thomas B., Vater dreier Kinder, der sein Geld mit kleinen Rollen am Theater verdient.

Zur Vorgeschichte: Seit fast 15Jahren ist B. im FKK-Bereich des Gänsehäufels zu Gast. Damals mit seinen Töchtern (heute 20 und 18), nun mit dem kleinen Sohn, dreieinhalb Jahre alt. Er kennt die Leute vor Ort, ist mit anderen Gästen befreundet, ihre Kinder spielen miteinander. Allerdings klagt B., dass genau an diesem Ort regelmäßig meist ältere Männer die Nähe der Kinder suchen. „Spechtler“ nennt er sie, und Pädophile. Sie würden auf die Kinder starren, wenn sie nackt auf der Wiese herumtollen, und ihnen zum Teil sogar ins Wasser folgen.

Und das regt B. seit fast mehr als zehn Jahren auf. „Zuerst habe ich diese Menschen beschimpft“, erzählt er. Weil das wenig geholfen habe, informiert er die Bademeister. Als die ihn nicht ernst nehmen, ruft er selbst die Polizei. Denn das Bad künftig zu meiden, das hätte er auch nicht gewollt. Es folgen Anzeigen (die zu nichts führen) und Briefe an die Stadt. Schließlich wird er zu einem Gespräch bei der Beschwerdestelle der Wiener Bäder eingeladen. Doch das Gespräch verläuft nicht gut. Seine Vorwürfe, sagt B., finden kein Gehör. Mehr noch: Ihm wird vorgeworfen, dass er seinen damals zweieinhalbjährigen Sohn zum Termin mitgenommen hat. Dieser muss beim Termin daneben sitzen und zuhören.

„Besessen von Pädophilen“

Nach dem Gespräch, das im April 2013 stattfindet, passiert eine Zeit lang nichts – bis plötzlich das Jugendamt vor B.s Türe steht. Wie sich herausstellt, hat die Leiterin der Beschwerdestelle eine Gefährdungsmeldung gemacht. B. sei „besessen“ von Pädophilen, das Wohl des Kindes sei gefährdet – die Meldung liegt der „Presse“ vor. B. ist nun wirklich verärgert. Er beschwere sich bei der Stadt, sagt er, und die schicke das Jugendamt.

Auf Anfrage der „Presse“ bestätigt die MA44, die Probleme mit B. Seine Vorwürfe hätten sich aber nie erhärtet. „Einmal wurde ein Verdächtiger drei Stunden lang beobachtet, aber da war nichts“, sagt Bädersprecher Martin Kotinsky. Es scheitere auch daran, dass B. keine Zeugen nennen könne.

Aber das stimmt so nicht. Denn auch Vanessa Hauser (Name geändert), die mit ihrer kleinen Tochter regelmäßig ins Gänsehäufel geht, berichtet der „Presse“ Ähnliches. „Es gibt skurrile Leute dort. Die starren auch meine Tochter an“, sagt sie. Normalerweise fordere sie die Männer dann auf, „gefälligst woanders hinzusehen“. Die Situationen sind ihr unangenehm. „Aber was will man dagegen tun?“ Das Problem sei, dass man nichts nachweisen könne. Deswegen hätte sie die Vorfälle auch nie gemeldet. Dass B., den sie aus dem Bad gut kennt, so radikal gegen die Männer vorgehe, findet sie gut. Nachsatz: „Auch wenn er damit seine Position schwächt.“

Auch Angelika N., Mutter zweier Kinder, kennt „sehr unangenehme“ Vorfälle. Besonders häufig passiere es, dass sich Männer direkt vor die Sandkiste legen und den Kindern beim Spielen zuschauen. „Warum tun die das?“, fragt N. „Ich lege mich ja auch nicht zu den Kindern wenn ich meine nicht mithabe.“ Den Bademeistern meldet sie solche Vorfälle nicht mehr: „Die nehmen einen nicht ernst.“ Sie legt sich lieber anderswo hin – und gibt B. Bescheid.

Doch der kann im Normalfall auch nichts beweisen. „Man muss die Personen auf frischer Tat ertappen, das wäre das Beste“, sagt Bädersprecher Kotinsky. Ihm ist das Thema hörbar unangenehm. 2013 wurden in den Bädern der MA44 zehn Fälle von sexueller Belästigung gemeldet. Die meisten im Laaerbergbad, wo vor allem junge Burschen im Wellenbecken grapschen würden. Bei B. sei er sich allerdings sicher, dass der sich die Vorfälle einbildet. Weil bis zu sieben Mitarbeiter den FKK-Bereich im Gänsehäufel überwachen würden – und diese sofort einschreiten, sollte es Probleme geben.

Klage wegen übler Nachrede

Mit der Jugendamt-Meldung will die MA44 aber nichts zu tun haben. „Sie wurde nicht im Namen der Wiener Bäder gemacht“, sagt Kotinsky. Die betroffene Stadtmitarbeiterin wollte nicht mit der „Presse“ sprechen.

B. hat jedenfalls beschlossen, die Gefährdungsmeldung beim Jugendamt nicht auf sich sitzen zu lassen. Er hat nun eine Klage gegen die Stadtmitarbeiterin eingebracht. Wegen übler Nachrede.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.04.2014)

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