Sexualstraftäter-Datei: Härtere Gangart gegen Sex-Täter

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Der Innenminister stellte seine Pläne vor – die Justizministerin war aber noch nicht informiert.

WIEN.Ein ehrgeiziges Projekt mit noch vielen offenen Fragen: So lässt sich das am Montag von Innenminister Günther Platter präsentierte Programm gegen Sexualstraftäter charakterisieren. Bis Jahresende sollen nun Verhandlungen mit Justiz-, Familien- und Bildungsministerium geführt werden. Konkrete Beschlüsse sollen dann im kommenden Frühjahr folgen und bis Mitte oder spätestens Herbst 2008 umgesetzt werden. Die Schaffung einer Sexualstraftäter-Datei war bereits im Regierungsprogramm angekündigt worden.

Folgende Kernpunkte sind vorgesehen:

1 Schaffung einer Datenbank für SexualstraftäterDarin sollen künftig neben Name, Wohnsitz, Geburtsdatum, Foto und Fingerabdrücken des Täters auch DNA-Proben und die genaue Vorgehensweise bei der Tat vermerkt werden. Außerdem gespeichert: eine Gefährder-Einschätzung. In dieser Experten-Analyse soll eingeschätzt werden, ob der Täter gefährdet ist, eine ähnliche Tat ein weiteres Mal zu begehen. Erfasst sollen in dieser Datei Personen werden, die etwa wegen Vergewaltigung, Zuhälterei, Kindesmissbrauchs oder Kinderpornografie rechtskräftig verurteilt wurden. Bei schweren Delikten oder Wiederholungstätern sollen die Daten, so Platter, lebenslang gespeichert werden. Eine exakte Auflistung der Delikte existiert noch nicht.

Auf diese Datenbank haben dann laut Innenminister „prinzipiell“ nur Exekutivbeamte Zugriff, ein öffentlicher Zugriff sei nicht vorgesehen. Ausgenommen davon seien aber Taten, die innerhalb der Familie passiert sind. In diesen Fällen würden auch die Jugendwohlfahrt-Behörden informiert.

2 Schaffung eines Berufsverbotes für KinderschänderDamit soll sichergestellt werden, dass Täter, wie etwa Kindergärtner oder Erzieher, nie wieder beruflich mit Minderjährigen in Kontakt kommen. Eine Straftat mit einem Jahr Haft für schweren Missbrauch von Unmündigen würde bereits nach drei Jahren nicht mehr im Strafregister aufscheinen und sei nach fünf Jahren getilgt, kritisierte der Innenminister. „Bestimmte, schwere Delikte“ müssten daher auch von der Tilgung ausgeschlossen bleiben, erklärte Platter ohne konkrete Delikte zu nennen.

3 Einführung von höheren Strafen gegen KinderschänderIn diesem Bereich müsse Österreich nachziehen, Länder wie Deutschland (siehe unten stehenden Bericht), Belgien oder Ungarn hätten schärfere Strafen. Für Platter ist unverständlich, dass die Herstellung von Kinderpornos als Vergehen (Strafrahmen bis zu drei Jahren) und nicht als Verbrechen klassifiziert werde. In anderen Ländern wie Deutschland oder Zypern gebe es Höchststrafen von bis zu fünf und zehn Jahren.

4 Einführung einer Meldepflicht für Sexualstraftäter„Täter sollen sich beobachtet fühlen“, erklärte Platter am Montag. Daher sei die Einführung einer Meldepflicht von Sexualstraftätern geplant. Anhand von Fragen über Unterkunft, Arbeitsstelle und Verhalten der Personen könnte ein Risikobild erstellt werden. Außerdem soll bei einem Wohnortwechsel eine automatische Verständigung an die Meldebehörde erfolgen, damit die Polizei mit dem Täter Kontakt halten könne.

5 Justizanstalten sollen Gutachten erstellenDie Pläne sehen auch vor, dass Justizanstalten künftig über alle Sexualstraftäter ein Gutachten anfertigen. Dies soll über den Zustand des Täters bei der Entlassung Auskunft geben. Bisher seien nämlich Analysen nur bei Häftlingen, die bedingt entlassen wurden, erstellt worden. Bei Verstößen gegen Gerichts-Auflagen sollen bedingte Strafen in unbedingte umgewandelt werden.

Für die von Innenminister Platter öffentlich gewünschten Maßnahmen sind zahlreiche Gesetzesänderungen notwendig, unter anderem im Sicherheitspolizeigesetz, Meldegesetz und Tilgungsgesetz. Im Justizministerium konnte man zu den Plänen des Innenministers noch nicht Stellung nehmen. Denn: Die am Montag präsentierten Vorhaben sind dort bisher nur über die Medien publik geworden.

„Soweit mir bekannt ist, sind die Punkte mit der Frau Justizministerin noch nicht akkordiert“, erklärte Thomas Geiblinger, Sprecher von Justizministerin Maria Berger (SP) der „Presse“. Es gebe bisher nur eine gemeinsame Erklärung zur Zusammenarbeit, in einer Sitzung sei die Bildung einer Arbeitsgruppe zu diesem Thema vereinbart worden.

STATISTIK

Die Aufklärungsquote bei Sexualdelikten beträgt rund 80 Prozent. Seit 2001 wurden in Österreich 24.390 Sexualdelikte zur Anzeige gebracht, im ersten Halbjahr 2007 waren es 2930. Pro Jahr werden im Durchschnitt 76 Kinder unter sechs Jahren sowie 614 unter 14-Jährige Opfer von Sexualstraftätern. 75 Prozent der Straftäter stammen aus Österreich.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.08.2007)

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