Revolte im Pensionistenheim

Die Presse (Fabry)
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Die Bewohner des Hietzinger Seniorenheims „Haus Rosenberg“ protestieren gegen mögliche Absiedelung.

WIEN.Im „Haus Rosenberg“ ist Feuer am Dach. Seit die Wiener Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely im September ihr Konzept kombinierter Wohn- und Pflegeheime vorgestellt hat, erhält Bürgermeister Michael Häupl regelmäßig Protestbriefe. Denn das Konzept beinhaltet die Möglichkeit, eine der geplanten Einrichtungen an Stelle des Hietzinger Seniorenheims Haus Rosenberg zu bauen. Und dessen Bewohner müssten – spätestens wenn die Arbeiten in drei bis vier Jahren losgingen – in ein anderes Heim übersiedeln.

Wenn man das Haus am Rosenhügel betritt, fällt der Blick auf eine graue Pinnwand. Dort hängen die Protestbriefe zur öffentlichen Begutachtung. Das letzte dieser Schreiben stammt von Margarete Hüttl. In diesem nennt sie das Vorgehen der Stadtregierung „unmenschlich“. Auf Anfrage öffnet sie der „Presse“ die Tür zu ihrem Appartement.

Zimmer mit Blick über Wien

„Das Haus Rosenberg ist das schönste Pensionistenheim von ganz Wien.“ Die 85-Jährige führt stolz durch ihr 34 Quadratmeter-Appartement. Es ist hell und mit Naturholzmöbeln eingerichtet. Besonders wichtig ist Hüttl ihr Blick über die Stadt. Sie deutet zum Fenster: „Schauen Sie sich das an. Ist der nicht herrlich?“

Aber auch aus praktischen Gründen will sie an ihrer Wohnung festhalten: Die Appartements der anderen Heime des Kuratoriums Wiener Pensionisten-Wohnhäuser (KWP) seien viel kleiner. Denn die hätten Balkone, dafür aber weniger Wohnfläche. „Und wer braucht schon einen Balkon?“ Außerdem habe sie schon viel in ihre Wohnung investiert: „Die Möbel sind Maßanfertigungen. Dafür habe ich 12.000 Euro gezahlt. Was mache ich damit in einem neuen Zimmer?“

„Wir würden die Kosten einer Übersiedelung selbstverständlich übernehmen“, erklärt Peter Lintner, stellvertretender Geschäftsführer des KWP. Er versichert, dass sich die Bewohner, wenn sie übersiedelten, um nichts kümmern müssten – weder finanziell noch organisatorisch. Außerdem könnten alle Umzugswilligen ihr neues Heim selbst bestimmen: „Bei der Anmeldung in jedem unserer Häuser genießen sie Vorrang vor allen anderen Bewerbern.“

Für Margarete Hüttl ist Übersiedeln trotzdem kein Thema. „Ich lebe seit 53 Jahren in Hietzing. Hier bin ich daheim.“ Auf ihrem Schreibtisch liegt die handgeschriebene Rohfassung eines Briefs an den Vorsteher des 13. Bezirks, Heinz Gerstbach. Und Hüttl kann sich seiner Unterstützung gewiss sein, denn Gerstbach will das Haus Rosenberg so belassen wie es ist. „Ich bin dafür, dass man den geplanten Neubau auf dem Gelände des Geriatriezentrum Lainz errichtet.“ 2015 soll dieses aufgelassen werden. Und einen Teil der frei werdenden Fläche könnte man für das neue Bauprojekt reservieren, findet Gerstbach.

„Die behandeln uns wie Kinder“

Auch Elfriede Feitsch und ihr Ehemann Johann wollen ihre Wohnung im Haus Rosenberg nicht verlassen müssen: „Wir gehen nicht freiwillig.“ Am meisten ärgert Johann Feitsch, dass das KWP und die Gesundheitsstadträtin ihnen bis jetzt nicht klipp und klar gesagt haben, ob sie überhaupt ausziehen müssen – oder nicht: „Die behandeln uns wie Kinder. Wir sind vielleicht alt, aber wir sind nicht dumm.“ Der Direktor des Haus Rosenberg, Michael Skarke, versucht zu kalmieren: „Es hat sicher Fehler in der Kommunikation gegeben.“ Das Konzept, Seniorenheime so zu gestalten, dass deren Zimmer sowohl dem Wohnen als auch der Pflege dienen könnten, hält er aber für sinnvoll.

Auch im Büro von Sonja Wehsely ist man um Beruhigung bemüht. „Wir verstehen die Sorgen der Bewohner“, erklärt ihre Sprecherin. Aber am 12. Dezember würde die Gesundheitsstadträtin gemeinsam mit Vizebürgermeisterin Grete Laska, gleichzeitig auch Präsidentin des KWP, das Haus Rosenberg besuchen. Dabei werde man die Bewohner über den Stand der Planungen informieren. Und: „Angesichts der Lösung, die wir präsentieren werden, sind alle Sorgen unbegründet.“

HINTERGRUND

Das Hietzinger SeniorenheimHaus Rosenberg wird, so wie 30 weitere Heime, vom Kuratorium Wiener Pensionisten-Wohnhäuser(KWP) betrieben. Das KWP ist ein gemeinnütziger Fonds im Eigentum der Stadt Wien. Präsidentin ist Vizebügermeisterin Grete Laska, Vizepräsidentin ist Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.11.2007)

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