Kirche schrumpft langsamer

AP
  • Drucken

Die Zahl der Kirchenaustritte ist weitgehend stabil geblieben, dennoch gibt es heuer etwa 22.800 Katholiken weniger.

WIEN (eko).Die Talfahrt der katholischen Kirche geht in eine flachere Kurve über. Zwar ging die Zahl der Katholiken in Österreich im Vergleich zum Jahr 2006 von 5.626.000 um 22.800 auf etwa 5.604,000 zurück, doch ist die Anzahl der Kirchenaustritte im Jahr 2007 weitgehend stabil geblieben.

Nach Angabe der Diözesen kehrten insgesamt 36.858 Katholiken ihrer Kirche den Rücken, im Jahr zuvor waren es 36.816 – die Austritte stiegen damit bundesweit leicht um knapp 0,2 Prozent. Konstant blieb laut der katholischen Presseagentur Kathpress auch die Zahl der Wiedereintritte und Neueintritte mit etwa 4800. Über die Zahl der Kindertaufen und über katholische Immigranten, die den größten Wachstumsbereich darstellen, liegen noch keine konkreten Angaben vor.

Keine (Sex)Skandale

Schon im Vorjahr hatte sich abgezeichnet, dass der Schwund an Katholiken an Schwung verliert. Der Sexskandal in St. Pölten hatte im Jahr 2004 für einen einsamen Rekord an Austritten geführt – 51.731 Menschen verließen die katholische Kirche. Einen ähnlich hohen Wert hatte es zuvor im Jahr 1995 gegeben, als Kardinal Hans-Hermann Groër nach Missbrauchsvorwürfen eines ehemaligen Zöglings zurücktrat. 2006 und 2007 war es innerkirchlich vergleichsweise sehr ruhig, weniger Austritte waren eine logische Konsequenz.

Negativbeispiel St. Pölten

Betrachtet man die einzelnen Diözesen zeigen sich aber gewaltige Unterschiede. Am stärksten stiegen die Austritte in der St. Pölten an – mit 3420 verzeichnete man um 12,9 Prozent mehr Austritte als im Jahr 2006. Davor hatte man mit Minus 27 Prozent noch den größten Rückgang an Austritten in ganz Österreich erzielt – die Nachwirkungen des Sexskandals waren damals abgeflacht.

Am stärksten gingen die Austritte in den Diözesen Feldkirch (-9,9 Prozent) und Eisenstadt (-9,7) zurück. In Salzburg und Linz verzeichnete man ein Minus von 2,2 Prozent, die Diözese Graz-Seckau weist einen minimalen Rückgang aus. Konstant zeigt sich die Erzdiözese Wien, hier traten nach vorläufigen Angaben 11.649 Menschen aus, ein Anstieg um knapp 0,2 Prozent. Allerdings zeigt der Blick auf den Wert des Vorjahres, dass damals mit einem Minus von 20 Prozent bei den Austritten der niedrigsten Wert seit mehr als zwanzig Jahren erreicht wurde.

Der Anteil der Katholiken an der Gesamtbevölkerung geht trotzdem zurück. Eine Studie der Akademie der Wissenschaften prognostiziert, dass ihr Anteil im Jahr 2051 bei 50 Prozent liegen könnte. Auf der anderen Seite werden Muslime im selben Zeitraum auf einen Anteil von mehr als 30 Prozent kommen. Denn im Gegensatz zu den Katholiken, die sich schon über ein Abflachen des Schrumpfprozesses freuen, verzeichnen sie jährliche Wachstumsraten zwischen 13 und 16 Prozent.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.01.2008)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.