Terror-Prozess: Tumultartige Szenen im Gerichtssaal

(c) APA (Georg Hochmuth)
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"Das ist ein Schauprozess". Der Angeklagte beschimpft am dritten Verhandlungstag im Wiener "Terror-Prozess" das Gericht. Die Justizwache entfernt ihn schließlich vorübergehend aus dem Saal.

Im Wiener Terror-Prozess ist am Donnerstagnachmittag die Verhandlung vorübergehend eskaliert. Der Angeklagte Mohamed M. beschimpfte das Gericht, das einen "Schauprozess" führe und nicht an Gerechtigkeit interessiert sei. Als er sich von der Anklagebank erhob und wütende Tiraden von sich gab, schritt die Justizwache ein und führte ihn schließlich aus dem Saal.

»"Sie haben mein Leben zerstört! Das ist ein Schauprozess!"«



Nach einer viertelstündigen Pause hatte sich Mohamed M. wieder beruhigt. Er wurde in Handschellen zurück in der Verhandlungssaal gebracht. Nachdem sein Verteidiger Lennart Binder eine Reihe von Beweisanträgen gestellt hatte, wurde die Verhandlung auf kommenden Mittwoch vertagt.

Grausame Videos im Gerichtssaal

Zu den tumultartigen Szenen war es gekommen, nachdem den Geschworenen grausame Videofilme vorgeführt worden waren. Mohamed M. und seine mitangeklagte Lebensgefährtin Mona S. - die beiden sind nach islamischem Recht verheiratet - hatten sich im Internet Mitschnitte von Tötungen von im Irak entführten westlichen Geiseln besorgt und auf ihren Festplatten gespeichert. Richter Norbert Gerstberger ließ einige dieser Files abspielen. Mohamed M. erklärte darauf, das Ganze diene nur "dazu, die Geschworenen absichtlich emotional zu beeinflussen". Er hätte sich die Files nur deswegen besorgt, um die Geiselnehmer verstehen und sich mit ihnen auseinandersetzen zu können. Dass er die Tötung von Unschuldigen ablehne, hatte Mohamed M. im Lauf des Verfahrens immer wieder erklärt.

Der 22-Jährige wies darauf hin, dass auf seinem Computer auch Videos von Verbrechen der US-Armee im Irak gespeichert seien: "Warum wird das nicht gezeigt?" Der Richter bemerkte, Prozessthema sei eine mutmaßliche Mitgliedschaft in einer islamistischen Terror-Vereinigung und nicht die Zugehörigkeit zur US-Armee.

"Es ist ein Schauprozess!"

Daraufhin verlor der Angeklagte die Contenance. "Sie sind nicht hier, um Gerechtigkeit zu finden, sondern um mich zu verurteilen! Es ist ein Schauprozess!", rief er wütend.

Verteidiger Lennart Binder beantragte am Ende der heutigen Verhandlung, sämtliche Daten zu löschen, die die Polizei im Zuge der Internet-Überwachung seines Mandanten mittels Keylogg-Kontrolle und Screenshots erlangt hatte. Die Verwendung einer Angriffs-Software "überschreitet selbst im äußersten Wortsinn der Zulässigkeit eine optische Überwachung" und dürfe vom Gericht auf keinen Fall verwertet werden.

Angeklagter als "Geise-Befreier"?

Am Vormittag hatte sich Mohamed M. als "Geisel-Befreier" stilisiert. Der 22-Jährige behauptete, die Freilassung der im Irak entführten Deutschen Hannelore Krause erwirkt zu haben.

Die 1967 in den Irak ausgewanderte Frau war im Vorjahr mit ihrem Sohn Sinan von einer Gruppe namens "Brigade der Pfeile der Rechtschaffenheit" verschleppt worden. Dass die 62-Jährige am 10. Juli 2007 freikam, führte Mohamed M. im Wiener Straflandesgericht auf seine Aktivitäten zurück. Er habe sich dann auch um die Freilassung ihres Sohnes "bemüht", doch seine Festnahme am 12. September hätte diese Bestrebungen zunichtegemacht.

Die Anklage

Mohamed M. und seine Lebensgefährtin Mona S. sind angeklagt, "Mitglied einer terroristischen Vereinigung, nämlich der al-Qaida bzw. anderer international tätiger radikal-islamischer Terrornetzwerke" gewesen zu sein.

Außerdem soll der Angeklagte unter anderem im Internet die Durchführung von Terroranschlägen erörtert haben, so der Vorwurf des Staatsanwalts. Als mögliche Anschlagziele sollen dabei Spiele der bevorstehenden Fußball-EM sowie in- und ausländische Politiker angeführt worden seinl.

Mona S. soll vor allem Übersetzerdienste geleistet haben. Da sie weiterhin ihren Gesichtsschleier nicht abnehmen will, blieb sie von der Verhandlung ausgeschlossen. Ihre Aussagen werden vor Gericht verlesen.

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