Medizin-Uni: Ein Denkmal für vertriebene Juden

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Gedenken: 1938 verloren zwei Drittel der Wiener Ärzte und die Hälfte der Lehrenden der Medizin-Uni ihre Stelle.

Wien(jule). Ein metallenes Buch für das „Volk des Buches“: Gestern, Donnerstag, haben der Wiener Oberrabbiner Paul Chaim Eisenberg und Kardinal Christoph Schönborn ein Mahnmal für die in der Nazi-Zeit von der Medizinischen Uni Wien vertriebenen Juden enthüllt. Die Skulptur von Dvora Barzilai soll Symbol für das Jüdische Volk und das Wissen sein, die herausgerissenen Seiten für die Vertriebenen und den Verlust für die Wissenschaft.

Mit der Skulptur will die Uni an ihre Mitverantwortung erinnern. In „vorauseilendem Gehorsam“ wurde 1938 vor Erlass von Gesetzen mit Entlassungen aus „rassischen“ Gründen begonnen. 3200 Ärzte, 65 Prozent der Wiener Mediziner, und 54Prozent der Hochschullehrer wurden vertrieben. Die Uni sei „irreparabel geschädigt“ worden, so Rektor Wolfgang Schütz. Eisenberg nannte es einen „Höhepunkt des Antisemitismus, wenn man aus Hass auf andere in Kauf nimmt, selbst Schaden zu nehmen und sich ins eigene Fleisch zu schneiden.“

Es sei „beschämend“, so Kardinal Schönborn, dass Christen nicht gerüstet gewesen seien, dem Antisemitismus mit Entschiedenheit entgegenzutreten. Es sei auch „beschämend“, dass es Österreich nicht gelungen sei, Vertriebene und Überlebende „mit dem notwendigen Bedauern wieder zur Rückkehr einzuladen“.

Erinnerung an Kindertransporte

Heute, Freitag, wird am Westbahnhof noch eine Skulptur enthüllt: „das Kind“ von Flor Kent. Sie soll an Kindertransporte erinnern, bei denen vor Ausbruch des 2. Weltkrieges 10.000 meist jüdische Kinder aus Deutschland, Österreich, der Tschechoslowakei und Polen nach England gebracht und gerettet wurden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.03.2008)

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