Spieler geschädigt: Internetgewinnspiele als Thema für den Strafrichter

Schweren gewerbsmäßigen Betrug müssen zwei in der Internet-Glücksspielbranche tätige Unternehmer verantworten.

Wien. Es klingt kompliziert – ist es auch. Und genau das, nämlich das Erzeugen von Komplikationen, sei Teil des betrügerischen Plans gewesen, sagt der Staatsanwalt im Rahmen eines derzeit in Wien laufenden Strafverfahrens: Den beiden niederösterreichischen Unternehmern Stephan K. und Robert M. sei es geradezu darauf angekommen, „scheinbar weitverzweigte Organisationsstrukturen zu schaffen“, um so „die Illegalität ihres Vorgehens systematisch zu vernebeln“. Was ist konkret geschehen? Die beiden Beschuldigten haben den Internet-Glücksspieldienstleister „Luck 24“ betrieben. Und Kunden versprochen, für deren Teilnahme an gewinnträchtigen Spielen zu sorgen. Doch es kam anders, als sich die Onlinespieler dies vorgestellt hatten.

Bis zu 1,7 Millionen Glücksspieler, vorwiegend in Österreich und Deutschland, könnten betrogen worden sein, sofern die Anklage wegen schweren gewerbsmäßigen Betruges hält. Als Schadenssumme wurde zuletzt der stattliche Betrag von 191 Millionen Euro angegeben. Diese Summe ist allerdings fraglich – mehr noch: Dem Gericht erschien nun die Anklage unvollständig, weshalb die Verhandlung derzeit für eine unbestimmte Zeitspanne (möglicherweise bis zum September) unterbrochen ist.

Kern des laut Anklage betrügerischen Systems: Spieler seien dazu verleitet worden, Konto-Einzugsermächtigungen zu erteilen. Dafür wurden sie als Teilnehmer von sogenannten Gewinneintragungsservices angemeldet – das heißt: Sie wurden namentlich erfasst, und ihnen wurde versichert, dass sie monatlich an Internetgewinnspielen teilnehmen würden. Für dieses Service waren monatlich um die 50 Euro zu bezahlen. Auch die Anzahl der Glücksspiele war Thema: So wurde den Spielern versprochen, sie würden monatlich bei 200 besonders lukrativen Gewinnspielen dabei sein. Tatsächlich seien sie aber nur bei 80 Spielen in der Ziehung gewesen, sagt der Staatsanwalt.

Der Notar, den es nie gab

Gerade für die aussichtsreichsten Spiele seien die Kunden gar nicht angemeldet worden, da bei diesen Spielen die Anmeldeprozedur bewusst aufwendig gestaltet sei. Auch eine versprochene Analyse diverser Spiele sei unterblieben. Den versprochenen Notar, der angeblich über die Geschäfte wachen sollte, habe es ebenfalls nie gegeben.

„Luck 24“ trat stets „nur“ als Abwickler auf. Darauf weisen die beiden Beschuldigten, vertreten von den Anwälten Martin Nemec und Rudolf Mayer, deutlich hin. Sie seien auf Fremdfirmen angewiesen gewesen. Etwa auf die eigentlichen Anbieter (Produktgeber) des bereits erwähnten Eintragungsservices oder auf Callcenter oder Payment-Unternehmen. Sie hätten „Luck 24“ im Vertrauen darauf geführt, dass die Kooperationspartner einwandfrei arbeiten. Kurzum: Die beiden Unternehmer bekennen sich „nicht schuldig“. Wie das Verfahren endet, wird nun unter anderem von den Zeugenaussagen der früheren Geschäftspartner der beiden Niederösterreicher abhängen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.05.2014)

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