17-Jährige starb bei Tiefschlaftherapie – Ärzte freigesprochen

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Laut Gutachtern wurden bei der Narkose Fehler gemacht. Aufgrund von Widersprüchen wurde aber zugunsten der Angeklagten entschieden.

Nach dem Tod einer 17-jährigen Psychiatrie-Patientin während einer Tiefschlaftherapie im Mai 2011 sind am Mittwoch zwei Ärzte der Landesnervenklinik Wagner-Jauregg im Landesgericht Linz vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung unter besonders gefährlichen Verhältnissen freigesprochen worden. Die Urteile sind rechtskräftig.

Die 17-Jährige hatte etliche Selbstmordversuche hinter sich. Weil sie auf herkömmliche Therapien nicht reagierte, beschlossen die behandelnden Psychiater, sie ins Koma zu versetzen. Man erhoffte sich im Wesentlichen eine Art Reset des Gehirns. Laut Gutachten ist diese Methode zwar riskant, aber im vorliegenden Fall Stand der Wissenschaft. Doch die Therapie endete mit dem Tod der Patientin. Wie der Gerichtsmediziner ausführte, starb sie an einer Gehirn- und Leberschädigung, verursacht durch eine Überdosierung des Narkosemittels.

Die Staatsanwaltschaft klagte daraufhin zwei Anästhesisten an: jenen Arzt, der die Narkose eingeleitet hat, und seine Kollegin, die die Sedierung am dritten Tag abbrach. Die beiden bekannten sich nicht schuldig.

Gutachter waren sich nicht einig

Die Gutachter waren sich in diesem Fall nicht einig: Der Gerichtsmediziner und der Toxikologe kritisierten, dass die gewählte Dosis zu hoch gewesen sei und man auf den sich verschlechternden Zustand der Patientin - allem voran die Leberwerte - nicht mit einem sofortigen Abbruch der Therapie reagiert habe. Es sei "nicht lege artis" gearbeitet worden. Zudem befanden die Sachverständigen die Dokumentation als mangelhaft.

Anders sah das ein Gutachter aus dem Bereich der Anästhesie: "Die Dosierung war in meinen Augen nicht zu hoch", erklärte er. Seiner Ansicht nach sei auch das richtige Medikament verwendet worden. Man müsse in der Intensivmedizin immer das Gesamtbild im Auge haben und nicht einzelne Werte. Die Dosierung einer Narkose erfolge "nach Wirkung".

Der Richter verwies in der Urteilsbegründung darauf, dass sich die Gutachten widersprochen hätten. Zudem sei auch nicht schlüssig dargelegt worden, dass gravierende Fehler gemacht worden seien. Es sei daher im Zweifel zugunsten der Angeklagten zu entscheiden. Der Staatsanwalt erklärte Rechtsmittelverzicht.

"‎Der Verfahrensausgang ist für uns erfreulich, auch wenn der Tod des Mädchens für alle Beteiligten nach wie vor belastend ist", so Jutta Oberweger, Pressesprecherin des Spitalsträgers gespag nach dem Urteil. Sie verwies darauf, dass zwar unkonventionelle therapeutische Methoden angewendet worden seien, aber immer auf Basis anerkannter medizinischer Heilmethoden.

Eltern des Mädchens "schockiert"

Die Eltern des Mädchens zeigten sich in einer Stellungnahme "schockiert". "Unsere Tochter hätte nicht sterben müssen, wenn die behandelnden Ärzte die Richtlinien der international vereinbarten Bewertungskriterien für medikamentenverursachtes Leberversagen beachtet hätten", hieß es in der Erklärung.

Der Fall hatte auch deshalb für Aufsehen gesorgt, weil die junge Frau einer Betreuerin im Spital anvertraut hatte, sie sei jahrelang von ihren Großeltern und zwei Nachbarn - darunter ein pensionierter Richter - gequält und sexuell missbraucht worden. Die Verdächtigen waren deswegen vorübergehend sogar in Untersuchungshaft. Weil die Aussagen des Mädchens immer mehr Widersprüche aufwarfen, wurde das Verfahren gegen sämtliche Beschuldigte später eingestellt

(APA)

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