Demos: Kameras für Polizisten bis Jahresende

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Bis Jahresende will das Innenministerium über den Einsatz von „Body-Cameras“ zur Dokumentation von Demonstrationen entscheiden. Offene Dienstnummern sind aber tabu.

Wien. Demonstrationen werden in Wien wieder zunehmend radikaler: Sowohl bei den Protesten gegen den Akademikerball schlagender Burschenschaften im Jänner als auch bei jenen gegen einen Aufmarsch der rechten Identitären Mitte Mai kam es heuer zu Zusammenstößen zwischen linken Gegendemonstranten und der Polizei.

Bei der Aufarbeitung der Ereignisse warfen beide Seiten einander Gewalt bzw. Polizeigewalt vor – die Beweislage dafür ist aber, Dutzenden Kameras auf beiden Seiten zum Trotz, überschaubar. Um solche Vorfälle in Zukunft besser nachvollziehen zu können, will Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) bis Ende des Jahres über den Einsatz von Videokameras – sogenannten Body-Kameras, wie sie in Großbritannien üblich sind – bei Großveranstaltungen entscheiden.

Die Kameras sollen von den Polizisten am Körper bzw. als Teil der Uniform getragen werden. Derzeit prüfe man vor allem internationale Erfahrungen und rechtliche bzw. datenschutzrechtliche Grundlagen, erklärte die Ministerin am Montag.

Als Aufforderung zur „Vernaderung“ bezeichnete die Ministerin dagegen die – unter anderem von den Grünen geforderte – Kennzeichnung von Polizisten mit offen sichtbaren Dienstnummern.

Internationale Erfahrungen würden zeigen, dass „dort, wo Body-Kameras eingesetzt werden, Demonstrationen friedlicher über die Bühne gehen – sowohl vonseiten der Demonstranten als auch der Polizei“, sagte Mikl-Leitner. Es sei keine Lösung, dass die Polizei „ständig zwischen die Fronten der Demonstrierenden unterschiedlicher Gesinnung“ gerate.

Unterdessen klärten sich am Montag die Fronten nach der jüngsten Demo, bei der es zu Spannungen zwischen Demonstranten und Exekutive gekommen war: Während sich die Organisatoren des Marsches für die Familie am vergangenen Samstag – einer rechtskonservativen Gegendemo gegen die Wiener Regenbogenparade – grundsätzlich zufrieden mit der Veranstaltung zeigten, kündigten die Grünen an, die Ereignisse parlamentarisch untersuchen zu wollen.

Gegen den Marsch für die Familie hatte sich nämlich wiederum eine Protestgruppe organisiert, eine Gegendemo gegen die Gegendemo sozusagen, die versuchte, die konservative Gruppe durch Sitzstreik zu behindern.

Grün-Abgeordnete festgehalten

Nach Abschluss der Kundgebungen wurden fünf Teilnehmer der linken Gegen-Gegendemo von der Polizei vorübergehend festgenommen – wegen Verdachts auf „Störung einer Versammlung“ nach Paragraph 285 des Strafgesetzbuchs. Auch die grüne Nationalratsabgeordnete Sigrid Maurer wurde kurzfristig abgeführt und angezeigt, wie sie auf ihrem Blog berichtet. „Der Beamte drehte mir ohne Vorwarnung meinen Arm auf den Rücken.“ Außerdem habe ihr der Beamte verweigert, seine Dienstnummern zu nennen.

Die Polizei erklärt das so: Beamte hätten Maurer bei der Demo beobachtet, wie sie sich gegen Beamte gelehnt und den Marsch blockiert habe. Dann sei sie in der Menge verschwunden – als sie später wieder aufgetaucht sei, hätten die Beamten sie erkannt und zur Identitätsfeststellung angehalten. Eine strafrechtliche Anzeige werde es wegen Maurers parlamentarischer Immunität aber nicht geben.

Ebenfalls keine Anzeige gibt es gegen die konservativen Demonstranten nach dem Verbotsgesetz: Entgegen Gerüchten, diese hätten verbotene Flyer und Slogans verbreitet, habe eine Überprüfung durch den Verfassungsschutz keinen strafrechtlichen Tatbestand ergeben. (APA/gr)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.06.2014)

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