Deutschland. Ebola, ja oder nein? Das letzte Wort kommt meist aus dem Hochsicherheitslabor im Bernhard-Nocht-Institut für tropische Infektionserreger. Das gilt auch für Verdachtsfälle aus Österreich.
Berlin. Der Fall hielt die ganze Stadt in Atem: Am Dienstag brach eine 30-jährige Frau in einem Berliner Arbeitsamt zusammen. Sie hatte hohes Fieber, vor Kurzem war sie in Nigeria – also: Verdacht auf Ebola. Über hundert Polizisten mit Mundschutz riegelten das Gebäude und die Straße ab, 600 Menschen saßen stundenlang fest. Ein erster Bluttest auf der Charité brachte ein negatives Ergebnis. Aber die formelle Entwarnung konnte erst eine zweite Analyse in einem Hochsicherheitslabor geben: im Bernhard-Nocht-Institut in Hamburg.
Diese Forschungsstätte am Elbhafen ist das größte Institut für Tropenmedizin in Deutschland und „nationales Referenzzentrum“ für tropische Infektionserreger. Das heißt: Für Diagnosen landen Blut-, Harn- oder Gewebeproben aus dem ganzen Land hier, wo die Kompetenz für die Diagnose gebündelt ist. Für „echte“ Verdachtsfälle gibt es einen Notdienst. Die Befunde liegen in sechs Stunden vor (bei den Fällen in Berlin und in Tirol war es sehr unwahrscheinlich, dass Ebola vorliegt; damit ging es nur um „Ausschlussdiagnostik“). Dennoch haben die Hamburger keine Alleinstellung: Auch ein Institut in Marburg hat sich auf Ebola spezialisiert.
Referenzzentren beraten Ärzte, Forscher und Behörden. Österreich hat ein ähnliches System. Für tropische Erreger wird aber auch hierzulande auf das Nocht-Institut zurückgegriffen: Als am Samstag eine Britin, die kürzlich aus Afrika zurückgekehrt war, in ihrer Tiroler Wohnung tot aufgefunden wurde, sicherten sich Arzt und Behörden in Hamburg ab.
Eines der sichersten Labore
Der Grund: Das Labor zum Umgang mit hoch ansteckenden Erregern hat seit 2008 die höchste Schutzstufe vier und gilt als eines der sichersten der Welt. Anfragen kommen aus vielen Ländern, die solche Labors nicht haben, etwa auch aus der Schweiz.
Das renommierte Institut in einem stattlichen Klinkerbau wurde im Jahr 1900 vom Marinearzt Bernhard Nocht gegründet, im Zuge einer Gesundheitsreform nach eine Choleraepidemie. Nicht von ungefähr am Hamburger Hafen: Es galt, Krankheiten zu erforschen, die Seeleute einschleppten. Auch wurden hier Schiffs- und Kolonialärzte ausgebildet. Lange waren Bund und Stadt Hamburg die Träger der Einrichtung. 2008 übernahm eine Stiftung der Leibniz-Gemeinschaft das Nocht-Institut.
Zwei Forscher des Hauses identifizierten übrigens den Sars-Erreger und entwickelten für ihn einen Test. Naturgemäß eng ist die Zusammenarbeit mit dem Robert-Koch-Institut in Berlin, das für das deutsche Gesundheitsministerium forscht und überwacht. (gau)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.08.2014)