Wohin mit dem Spendengeld?

Die Gründung der Natascha Kampusch Foundation ist abgesagt: Es kam zu wenig Geld zusammen. Ein Teil der Spenden ist allerdings bereits weg.

Wien(awe). Notleidenden zu helfen ist offenbar schwieriger, als man glaubt. Diese Erfahrung macht derzeit auch Natascha Kampusch. Die heute 20-Jährige hatte unmittelbar nach ihrer Flucht aus der Gefangenschaft im August 2006 gemeinsam mit ihren Anwälten angekündigt, mit den für sie eingezahlten Spendengeldern eine „Natascha Kampusch Foundation“ für verschleppte oder misshandelte Frauen zu gründen. Das ist bis heute nicht geschehen – wenngleich ein großer Teil des Geldes bereits Abnehmer gefunden hat.

Grund: Für die Gründung einer Stiftung kam nicht genug Geld zusammen. Anstatt der gespendeten 50.000 Euro wären dafür mindestens 70.000 notwendig gewesen. Zudem wollte sich Kampusch laut Auskunft ihres Medienberaters auch die Kosten für Vorstand und Aufsichtsrat sparen.

Trotzdem wurde die Stiftungsgründung immer wieder öffentlich angekündigt, zuletzt durch ihren Anwalt Gerald Ganzger im August vergangenen Jahres.

Forschungsprojekt von Amnesty?

Am 30. April 2008 ließ Kampusch die Öffentlichkeit via Aussendung wissen, dass sie 25.000 Euro aus dem Spendentopf an die Opfer des Amstettener Inzest-Falls überwiesen hat.

Der Rest des Geldes – also weitere 25.000 Euro – liegt seitdem auf einem Sparbuch und könnte an die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) gehen. Laut AI-Generalsekretär Heinz Patzelt hätten Kampuschs Berater vor einigen Monaten bei ihm den Wunsch deponiert, Projekte zu fördern, die misshandelten Frauen zugute kommen.

Patzelt: „Weil wir jedoch keine Projekte auf Wunsch von Spendern starten, sind wir seitdem auf der Suche nach einem geeigneten Empfänger.“

Fündig geworden ist man noch nicht, in der engeren Auswahl steht derzeit jedoch ein möglicher Forschungsbericht über entführte Frauen in Brasilien.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.06.2008)

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