Wien: Aus für Wunschschule

(c) Die Presse (Michaela Bruckberger)
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Das Bildungsressort stoppt das problematische Vergabeverfahren für Schulplätze von Wiens Stadtschulratspräsidentin.

WIEN. Der Brief ist trocken, aber eindeutig formuliert: „Es wird darauf aufmerksam gemacht, dass die Unterbringung von Klassen in dafür nicht vorgesehenen Räumlichkeiten erfahrungsgemäß eine hohe Beeinträchtigung des Unterrichts und damit der Lernerfolge von Schülerinnen und Schülern zur Folge hat.“ So schreibt der zuständige Sektionschef Wolfgang Stelzmüller im Unterrichtsministerium an Wiens Stadtschulrat.

Dessen Präsidentin Susanne Brandsteidl war es gewesen, die jedem Schüler in Wien versprochen hatte, einen Platz in seiner Wunschschule zu bekommen. Sie wollte damit endgültig mit den Pendler-Problemen für viele Kinder Schluss machen.

Das Versprechen wurde zwar gehalten, die Folgen waren aber unvermeidlicherweise Raumnot, die Einführung von sogenannten Wanderklassen, die Zweckentfremdung von Sondersälen und sogar der Einsatz von Containern. Die Proteste in den betroffenen Schulen waren gewaltig, morgen, Mittwoch, wollen hunderte Schüler dagegen sogar auf die Straße gehen, mehrere SP-Schüler- und Jugendorganisationen protestieren. „Natürlich ist es gutzuheißen, dass jedes Kind die Schule seiner Wahl besuchen kann – doch muss damit eine Erhöhung des Bildungsbudgets und letztlich ein entsprechender Ausbau der Schulkapazitäten verbunden sein“, hieß es in der Erklärung der jungen Demonstranten.

Die Aktion dürfte überflüssig sein, das SP-geführte Bildungsministerium kippt die Wiener Verordnung nun. Das Bundesministerium für Unterricht „ersucht, mit sofortiger Wirkung alle Möglichkeiten im Rahmen der geltenden Aufnahmeverfahren, die nicht zuletzt auf Anregung und unter Mitwirkung des Stadtschulrates für Wien verbessert wurden, auszuschöpfen, um zu einer bestmögliche Verteilung der Aufnahmebewerber auf alle Schulen der Stadt zu erzielen“. Kinder sollen unter Bedachtnahme auf Wohnortnähe und Geschwister, die bereits eine Schule besuchen, einen „ordentlichen“ Schulplatz erhalten. Was damit gemeint ist, schreibt Sektionschef Stelzmüller ebenfalls: „Ungeeignete Unterbringung von Klassen ist auf Dauer beziehungsweise in größerem Ausmaße für die Schülerinnen und Schüler nicht zumutbar.“ Und: Auch für das Schuljahr 2008/2009 seien die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, heißt es in dem Schreiben.

Im Büro von Bildungsministerin Claudia Schmied will man zu dem Brief aus dem eigenen Haus nicht viel sagen, nur so viel: „Wir wollen die beste Lösung für die Schülerinnen und Schüler in Wien.“ Es werde für den Herbst sicher eine neue gemeinsame Lösung gefunden werden. Tatsächlich soll eine Arbeitsgruppe im Stadtschulrat, in der auch Direktoren- und Eltern-Vertreter sind, ein neues Aufnahmeverfahren für das kommende Jahr ausarbeiten.

AUF EINEN BLICK

Schule. Vergangenes Jahr mussten in Wien 660 Kinder wegen Platzmangels von ihrer Wunschschule abgewiesen werden. Stadtschulratspräsidentin Brandsteidl verordnete, dass nun alle in ihre Wunschschule aufgenommen werden müssen. Die Folge: Überfüllung an einigen Schulen und Wanderklassen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.06.2008)

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