Nach der EM: Fahnen bleiben, Nachtzüge gehen

(c) APA (Georg Hochmuth)
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Wer gerne (Österreich)-Fahnen an sein Auto steckt, kann das weiterhin tun. Vom bequemen U-Bahn-Fahrplan muss man sich allerdings verabschieden.

Wien. Die Euro ist vorbei – und jetzt? Was passiert mit den Fahnen? Was mit den S-Bahn-Fahrten rund um die Uhr?


Die Fahnen: Es ist keine allzu große Überraschung, dass ausgerechnet sie gekommen sind, um zu bleiben. Der, no na, populäre Erlass des Verkehrsministers und designierten SP-Chefs Werner Faymann, wonach das Beflaggen von Autos während der EM nicht gestraft wurde, wird unbefristet ausgedehnt. Der Grund: Laut Ministerium verursachte das Aussetzen der Bestimmung im Juni keinen Missbrauch. Der darin bestünde, dass ein Unbefugter durch die Fahnen „staatliches Auftreten“ vorgaukelt. Das ist nun zwar auch weiterhin nicht erlaubt, könne aber nur bei Vorsatz vorgeworfen werden, sagt Wilhelm Kast, Leiter der Abteilung für Kraftfahrrecht im Ministerium. Der Erlass erspart es Polizisten auch, zwischen Fahnen mit Staatswappen (verboten nach § 54 Kraftfahrgesetz) und ohne (sie sind nur bei Verwechlungsgefahr nicht erlaubt) zu unterscheiden. Er ändert jedoch nichts daran, dass die Fahnen die Verkehrssicherheit nicht gefährden dürfen (laut ÖAMTC empfehlen die Hersteller, von einer Verwendung auf der Autobahn abzusehen).


Die U-Bahn: Züge, die in dichteren Intervallen und abends bis 1.30 Uhr fahren. Man hätte sich daran gewöhnen können, aber eben nur fast, denn seit Wochenbeginn (bei den Ring-Straßenbahnlinien: erst ab 5. Juli) ist bei den Wiener Linien wieder alles beim Alten. Muss das sein? Ja, sagt Sprecher Michael Zentner: „Das war ein einmaliges Angebot. Der EM-Fahrplan hat ja nur funktioniert, weil wir Urlaubssperre hatten.“ Im Alltag würden ein dichterer Takt und eine längere Betriebszeit nur durch zusätzliches Personal zu bewerkstelligen sein: „Den Aufwand müsste dann der Fahrgast zahlen.“ Außerdem spreche ein weiteres Argument gegen Nachtfahrten: „Im Unterschied zum Nachtbus provoziert eine halb leere U-Bahn Vandalismus.“ Tatsächlich kommt auch von Verkehrsexperten kein „Ja, unbedingt“ zu einer Ausweitung des Fahrplans: „Man müsste es sich erst genau anschauen, aber wahrscheinlich ist es nicht wirtschaftlich“, so Josef Michael Schopf vom Institut für Verkehrsplanung (TU Wien). Das sei auch verkehrspolitisch nicht so wichtig, weil das nächtliche Einsparpotenzial beim Autoverkehr (macht ein bis zwei Prozent des Individualverkehrs insgesamt aus) gering ist. Kleine „Zuckerl“ für die Fahrgäste hält Schopf allerdings für sinnvoll: „Ein wenig länger fahren und ein weniger öfter. Gepaart mit einer Werbekampagne könnte man so den Schwung von der EM für den öffentlichen Verkehr mitnehmen.“ Den es – warum, ist nicht geklärt – ja gab. Ob sich die Leute nun vor der Ringsperre fürchteten oder vorm Fernseher saßen, Fakt ist: Laut dem Büro von Verkehrsstadtrat Rudi Schicker gab es im EM-Juni tendenziell weniger Verkehr als sonst um die Zeit.


Die Züge: Back to normal auch bei den ÖBB. Was auch vielen Nicht-Fußballfans leid tut, denen die Taktverdichtung – die S-Bahn fuhr in Wien auch wochentags rund um die Uhr, der CAT öfter als sonst zum Flughafen – sehr gelegen kam. Die Züge kamen zwar oft mit lauten Fans, dafür pünktlicher als sonst. Fast 4000 Züge waren zusätzlich unterwegs. Eine Fortsetzung sei aus Kostengründen nicht geplant, heißt es. Vorerst. Man werde „in Ruhe“ evaluieren, welche Änderungen beibehalten werden könnten.


Die Sonntagsöffnung: Wenige wollten, aber man konnte: sonntags einkaufen. Auch das ist nun passé, die leidige Debatte dürfte nun zumindest eine Zeitlang verstummen (aber spätestens in der Adventzeit wieder auftauchen). Den Befürwortern fehlt, das hat die EM gezeigt, nun ein Argument: Dass ein offener Sonntag in jedem Fall gut fürs Geschäft ist. Das Gegenteil war zumindest während der Euro der Fall. Viele Läden, die am ersten Sonntag optimistisch geöffnet hatten, überlegten es sich am zweiten wieder, denn: Die Kundschaft blieb aus oder kam spärlich.


Die Parks: Kein einziges Blümchen hätten die Fans gekrümmt und auch die Wiesen nicht durch Urin zerstört, freut sich das Wiener Stadtgartenamt. Die Schäden seien sogar geringer als in Nicht-EM-Zeiten. Und tatsächlich schienen Wiens Parks auffallend sauber. Was weniger an den sensiblen Fans liegen mag als an den Stadtgartenamt-Mitarbeitern, die Müll und Schäden im Nachtschichtdienst beseitigten, damit die Parkanlagen, so ein Sprecher, morgens für Wiener und Gäste wieder „pipifein“ waren. Der Nachtdienst ist nun vorbei, die sauberen Parks dürfte es weiter geben, waren sie doch vor der EM auch nicht gerade ungepflegt.

Auf einen Blick

Was von der EM bleibt: Der Erlass, der es erlaubte, während der EM Fahnen an seinem Auto anzubringen, wurde vom Verkehrsministerium unbefristet verlängert.

Was (ab)geht: Wiener Linien und ÖBB haben ihre Taktverdichtung mit EM-Ende eingestellt. Auch die Sonntagsöffnung ist Geschichte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.07.2008)

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