Atomlabor Seibersdorf: Plutonium-Probe geplatzt

Zwischenfall im IAEO-Labor in Seibersdorf
Zwischenfall im IAEO-Labor in SeibersdorfAP (Hans Punz)
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In der Nacht auf Sonntag ist aus einer Laborprobe Plutonium entwichen. Zu einer Verstrahlung von Mensch oder Natur kam es offenbar nicht. Das Labor gehört der Atombehörde IAEO.

Im Atomlabor der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEO) im niederösterreichischen Seibersdorf (Bezirk Baden) hat sich in der Nacht auf Sonntag ein Zwischenfall ereignet. Eine kleine versiegelte Flasche, in der Plutonium aufbewahrt wurde, sei um 2.30 Uhr geplatzt, teilte die IAEO am Sonntagabend in einer Aussendung mit. Dabei sei eine kleine Menge des hoch radioaktiven Materials entwichen. Nach Angaben des Umweltministeriums gab es keine Gefährdung von Umwelt und Menschen, da die Strahlung "innerhalb des Sicherheitsbereichs (der Anlage) geblieben sei".

Zum Zeitpunkt des Zwischenfalls habe sich "keine Person in dem Labor aufgehalten", hieß es in der IAEO-Aussendung. Eine "Beteiligung Dritter" könne ausgeschlossen werden, sagte IAEO-Sprecher Ayhan Evrensel auf die Frage, ob jemand in das Labor eingedrungen sei und die Flasche dabei zu Bruch gegangen sein könnte. Diese sei nämlich in einem "Aufbewahrungstresor" verschlossen gewesen. Aus IAEO-Kreisen verlautete, die Flasche sei vermutlich geplatzt, weil durch Gase, die das Plutonium im Inneren des Behältnisses freisetze, ein Überdruck entstanden sei. Die UNO-Behörde kündige eine "vollständige Untersuchung" des Zwischenfalls an.

Keine Radioaktivität in Umwelt

"Alle Anzeichen deuteten darauf hin, dass es zu keiner Freisetzung von Radioaktivität in die Umwelt gekommen ist", betonte die IAEO. Auch der Sprecher von Umweltminister Josef Pröll, Daniel Kapp, bestätigte, dass die österreichischen Messstellen keine erhöhte Strahlung angezeigt hätten. Die IAEO verwies darauf, dass das Labor mehrere Sicherheitssysteme habe, unter anderem einen Luftfilter zur Entfernung von radioaktiven Partikeln aus der Abluft. Zudem gebe es eine ständige Messung des Plutoniumgehalts im Labor. Dieses System schlage bei der geringsten Abweichung vom Normalwert Alarm, was auch bei dem Vorfall am Sonntag der Fall gewesen sei. Ein erhöhter Plutoniumwert sei in jenem Raum, in dem die Flasche aufbewahrt worden sei, sowie in zwei weiteren Räumen festgestellt worden.

Auf der Spur geheimer Atomprogramme

Das IAEO-Labor befindet sich rund 35 Kilometer südlich von Wien auf dem Gelände der Austrian Research Centres (ARC). Die UNO-Atomexperten untersuchen dort unter anderem Proben aus Staaten, die geheimer Atomwaffenprogramme verdächtigt werden. Die bei den IAEO-Missionen genommenen Proben wiegen meist nur wenige Gramm. Allerdings ist Plutonium so giftig, dass schon winzige Mengen bei direktem Kontakt mit dem Körper Krebs auslösen können.

Die UNO-Experten waren mit ihren Untersuchungen unter anderem an der Aufdeckung des geheimen iranischen Atomprogramms beteiligt. Während des Irak-Konflikts 2002/2003 lieferten sie Belege dafür, dass der Irak entgegen den Behauptungen der USA sein Nuklearprogramm nicht wieder aufgenommen hatte. Erst vor wenigen Wochen entnahmen die IAEO-Experten auch Proben bei einem mutmaßlichen syrischen Atomreaktor, der zuvor von der israelischen Luftwaffe zerstört worden war.

Die aus den 1970er Jahren stammende Anlage gilt als veraltet. IAEO-Generaldirektor Mohamed ElBaradei räumte im November ein, dass sie nicht den Sicherheitsstandards der Vereinten Nationen entspreche. Er forderte die IAEO-Mitgliedsstaaten damals auf, 27,2 Millionen Euro für eine Aufrüstung des Labors lockerzumachen. Es bestehe nämlich ein "immer höheres Risiko", dass veraltete Schlüsselkomponenten des Labors ausfallen könnten. Dazu gehöre auch das Ventilationssystem zur Eindämmung radioaktiver Substanzen. Zudem besteht die Sorge, dass sich Terroristen Zugang zur Anlage verschaffen könnten.

(APA)

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