Kripo-Oberst Frühwirth attackiert Polizeispitze

Polizist steigt in seinen Wagen
Polizist steigt in seinen Wagen(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Neue Runde im internen Krieg: Für Ex-Kripochef Frühwirth sind viele Schäden der Wiener Polizeireform nicht mehr reparabel. Er selbst ist von der Spitze der KD1 in ein Kommissariat verbannt worden.

WIEN (stög.).Roland Frühwirth, zu Jahresbeginn noch Chef der Kriminaldirektion1, dann in ein Kriminalkommissariat verbannt, meldet sich zurück. Aber nicht in der Chefetage der Wiener Kriminalpolizei, sondern medial. In einem vierseitigen Gastkommentar für die aktuelle Ausgabe der Fachzeitschrift „Kriminalpolizei“ schildert der Kripo-Oberst – wenn auch in kryptischen Worten – jetzt seine Sicht der Dinge und geht dabei mit seinen Vorgesetzten hart ins Gericht.

So hätte die Wiener Polizeireform (Zusammenlegung von Wachkörper und Bundespolizei) Schäden angerichtet, davon sei heute „vieles nicht mehr reparabel“, Beweihräucherungen seien fehl am Platz. Kriminalbeamte, die „der Reform, Zusammenlegung oder dem Karrieredenken Einzelner (...)“ im Weg stünden, würden laut Frühwirth als „Querulanten“ gesehen. Er beklagt fehlenden Rückhalt der Polizeispitze: „Rechtsanwälte zur Strecke gebrachter Rechtsbrecher“ würden „praktisch in jedem Fall, wo prominente Namen auftauchen oder eine Organisation mit viel Geld im Hintergrund steht, Vorwürfe gegen ermittelnde Beamte“ erheben. Die Reaktion der Polizei, falsche Anschuldigungen klarzustellen, bleibe aus. Daher müsse man sich, so Frühwirth, fragen, „ob nicht etwa Unwissenheit, Taktik oder System dahintersteckt“.

Zur „Sauna-Affäre“ fragt Frühwirth, „was dem Ansehen der Polizei mehr geschadet hat: die einzelnen Tathandlungen, die Streitereien der betroffenen Beamten (...) oder eine Führung, die es überhaupt so weit hat kommen lassen“. In der „Sauna-Affäre“, die die Wiener Polizei seit 2006 beschäftigt, wird Frühwirth in einem internen Prüfbericht beschuldigt, Ermittlungen gegen seinen beruflichen Kontrahenten Ernst Geiger „inszeniert“ zu haben. Er weist das strikt zurück. Geiger war im vergangenen März im zweiten Rechtsgang vom Vorwurf freigesprochen worden, amtsmissbräuchlich einen Razzia-Termin dem Betreiber einer Wiener Rotlicht-Sauna frühzeitig weitergegeben zu haben. Die Staatsanwaltschaft Wien hat gegen diesen Freispruch Nichtigkeitsbeschwerde eingelegt.

Prügelnde Beamte

In der Wiener Polizei gehen aber derzeit auch wegen einer Prügelattacke intern die Wogen hoch. Derzeit prüft die Staatsanwaltschaft, ob ein Polizist im 15. Bezirk einen Fußgänger, der bei Rotlicht über die Straße gegangen war, niedergeschlagen hat. Ein zweiter Beamter soll dabei tatenlos zugesehen haben. Beide sind suspendiert.

In Graz wiederum sollen Anfang August zwei Polizisten einen Unternehmer verprügelt haben. Sie sind vorerst weiter im Dienst.

Auf einen Blick

Roland Frühwirth war bis 2007 Leiter der Kriminaldirektion1 (KD1). Ein Prüfbericht zur „Sauna-Affäre“ belastete ihn schwer, er soll „befangen und parteilich“ ermittelt haben. Er wurde Mitte Jänner 2008 als Leiter der KD1 abgezogen und arbeitet seither in einem Kripo-Kommissariat.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.08.2008)

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