Wiener Polizei: Die Nerven liegen blank

(c) APA (Georg Hochmuth)
  • Drucken

Nach umstrittenen Frühwirth-Aussagen platzt Polizei-Präsident Gerhard Pürstl und Landespolizei-Kommandant Karl Mahrer der Kragen: „Frühwirth sollte sich überlegen, ob er sich noch mit der Polizei identifiziert.“

WIEN. Die Wiener Polizei kommt nicht zur Ruhe: Ein Gastkommentar des abgesetzten Kripo-Chefs Roland Frühwirth in der Fachzeitschrift „Kriminalpolizei“ sorgte gestern, Montag, neuerlich für heftige Kontroversen. Wie die „Presse“ berichtete, kritisiert der frühere Leiter der Kriminaldirektion1 (KD1) darin – wenn auch verklausuliert und in kryptischen Worten – die Spitze der Wiener Polizei. Unter anderem meint Frühwirth, die Polizeiführung habe in den vergangenen Jahren „das Informantenwesen de facto zum Erliegen gebracht“. Das habe zu einem „Informationsstillstand“ geführt.

Gestern, Montag, soll Polizeipräsident Gerhard Pürstl der Kragen geplatzt sein. „Um weiteren Schaden am Vertrauen der Bevölkerung in die Effizienz der polizeilichen Arbeit abzuwenden“, wiesen Pürstl und Landespolizeikommandant Karl Mahrer in einer schriftlichen Stellungnahme die Anschuldigungen von Frühwirth zurück. Gerade mit Informanten aus dem Milieu müsse korrekt umgegangen werden. „Bequeme Abkürzungen jenseits der Rechtsstaatlichkeit sind nur im Fernsehkrimi akzeptabel“, heißt es unter anderem. Und: Kritik sei ein „wesentlicher Pfeiler für die Verbesserung einer Institution, unqualifizierte Pauschalangriffe gegen die Polizei sind es nicht“. Pürstl bezeichnet die Angriffe von Frühwirth als „unsachlich“.

Rätsel über berufliche Zukunft

Im Gespräch mit der „Presse“ findet Mahrer drastische Worte: „Frühwirth sollte sich überlegen, ob er sich überhaupt noch mit dem Unternehmen Polizei identifiziert.“ Er könne sich nicht erklären, warum Frühwirth von außen die Polizei kritisiere und nicht intern mit der Polizeiführung spreche. Laut Mahrer habe er die Kritik, die er in dem vierseitigen „Gastkommentar“ in der Fachzeitschrift formuliert hat, nie intern im Gespräch mit der Polizeispitze getätigt.

Frühwirth war wegen angeblich unkorrekter Ermittlungen – was er bis heute strikt zurückweist – gegen Polizei-Hofrat Ernst Geiger in der „Sauna-Affäre“ Anfang Jänner als KD1-Chef abgelöst worden. Nach einem kurzen Gastspiel in der Kriminal-Analyse ist er jetzt in einem Kriminalkommissariat tätig. Rätselhaft ist seine berufliche Zukunft: Angeblich soll in den nächsten Wochen endgültig entschieden werden, in welcher Funktion Frühwirth künftig eingesetzt wird.

Eine Rückkehr an die Spitze der Wiener Kriminalpolizei wird – nicht zuletzt nach den jetzigen Aussagen – ausgeschlossen.

Vorarlberg: Polizist suspendiert

Aufregung herrscht derzeit aber nicht nur in der Wiener Polizei. Auch in Vorarlberg gibt es heftige Kritik an der Exekutive: So soll ein Vorarlberger Polizist seine Freundin gewürgt haben. Er wurde deshalb vorläufig vom Dienst suspendiert. Der Polizist aus dem Bezirk Bregenz darf bis zur gerichtlichen Klärung des Falles keinen Dienst in Uniform verrichten. Zuletzt war in Vorarlberg im Vorjahr ein Polizist suspendiert worden. Der Mann hatte Straftaten begangen und wurde entlassen.

Damit wurde innerhalb weniger Tage ein zweiter Gewaltvorwurf gegen einen Vorarlberger Polizisten bekannt. Erst am vergangenen Samstag war – wie in der Montagausgabe berichtet – bekannt geworden, dass ein Postenkommandant eine Beamtin über eine längere Zeit mehrfach erniedrigt haben soll. Dass der 50-Jährige trotz der Vorwürfe nicht suspendiert, sondern nur versetzt wurde, wird von Landespolizeikommandant Manfred Bliem verteidigt. Innenministerin Maria Fekter hatte das Vorgehen von Bliem jedoch kritisiert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.09.2008)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.