Kruzifix & Kaiser: Was und wer in Schulen hängt

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Wer oder was ist eigentlich wichtig genug, um ihn oder es verpflichtend als Foto oder Symbol in Schulen und öffentlichen Gebäuden an die Wand zu hängen? In Linz sind sich deswegen zuletzt ÖVP und SPÖ in die Haare geraten.

wien (ars/awe/c. l./gr/hoe).Wer oder was ist eigentlich wichtig genug, um ihn oder es verpflichtend als Foto oder Symbol in Schulen und öffentlichen Gebäuden an die Wand zu hängen? Im oberösterreichischen Linz sind sich zuletzt ÖVP und SPÖ über diese Frage in die Haare geraten.

Während die Volkspartei das – gesetzlich vorgesehene – Anbringen von Kreuzen in Kindergärten einfordert, hängt umgekehrt das Bildnis des sozialdemokratischen Bürgermeisters in allen Schulen der Landeshauptstadt – was nicht vorgeschrieben ist. Tatsächlich sind die Regelungen für Amtsträgerfotos und andere Symbole in den Ländern zum Teil unterschiedlich geregelt. „Die Presse“ fragte nach – und stieß auf bemerkenswerte Details.

Ein wirkliches Abo auf uneingeschränkte Präsenz an Österreichs Schulen haben demnach nur Bundespräsident und Bundeswappen. Beide müssen laut dem Bundesgesetz zur Pflichtschulerhaltung zumindest einmal pro Schule (Präsident) oder einmal pro Klassenzimmer (Wappen) ausgehängt werden. „Schon in der Monarchie war das Bildnis des Kaisers in allen Klassenzimmern aufgehängt“, sagt der Bildungshistoriker Helmut Engelbrecht. Und als sich das Land 1918 zur Republik wandelte, ersetzte man ihn einfach durch die neue Integrationsfigur – den Bundespräsidenten.

Das funktioniert jedoch bis heute nicht überall reibungslos. Während beispielsweise in Wien unmittelbar nach der Amtsübernahme von Heinz Fischer dessen Porträts ausgeliefert wurden, wartet die Vorarlberger Volksschule Mittelberg im Kleinwalsertal seit 2004 auf ein Bild des freundlich lächelnden Herrn aus der Hofburg. Das Tal ist nur von Deutschland aus zu erreichen, die zuständigen Schulerhalter dürften ihre Kollegen in der „funktionalen Enklave“ schlichtweg vergessen haben.

Ebenfalls bundesweit geregelt ist die Sache mit dem Kreuz, das laut Religionsunterrichtsgesetz dann in allen Klassen hängen muss, wenn sich die Mehrheit der Schüler zum christlichen Glauben bekennt. Wirklich ernst genommen wird das jedoch nicht überall. Jürgen Frank, einst Direktor der aufgelassenen Kooperativen Mittelschule in der Wiener Embelgasse, erinnert sich, dass an seinem alten Arbeitsplatz noch überall Kreuze hingen. In seiner neuen Schule am Penzinger Kinkplatz wurde darauf jedoch „vergessen“. Aufregen tut das aber niemanden.

„Dass es eine eigene Regelung für das Anbringen der Kreuze in Klassenzimmern gibt, ist eine historisch relativ neue Entwicklung“, erklärt Bildungshistoriker Engelbrecht: Noch vor 150 Jahren seien praktisch alle Schulen von Pfarren oder Ordensleuten betrieben worden – „da kann man annehmen, dass ohnehin überall Kreuze gehangen sind“. Erst mit dem Aufkommen eines einheitlichen staatlichen Bildungssystems ab 1869 sei die Frage im Raum gestanden.

Wiens Bürgermeister verzichtet

Auf Ebene der Bundesländer wird es noch komplizierter, gibt es ist Österreich doch neun (zumindest in diesen Belangen teils unterschiedliche) Landesschulgesetze. Außerdem haben auch die Gemeinden als Erhalter der Pflichtschulen ein Wörtchen mitzureden, was dazu führt, dass etwa in Linz und Innsbruck auch der Bürgermeister in Form eines Fotos immer im Unterricht präsent ist. Generell schreiben bis auf die Steiermark und das Burgenland alle Bundesländer vor, zusätzlich zu Bundespräsident und Bundeswappen noch den jeweiligen Landeshauptmann im Schulgebäude anzubringen.

Es gibt jedoch Landeshauptleute, die ihr Foto ganz bewusst nicht in Schulen hängen haben wollen – aus welchen Gründen auch immer. Vorreiter war Wiens Altbürgermeister Leopold Gratz. Seine Nachfolger Helmut Zilk und Michael Häupl folgten dem Beispiel. Auch Salzburgs Landeshauptfrau Gabi Burgstaller stellte es bei ihrem Amtsantritt im Jahr 2004 den Schulen frei, ob sie ihr Bild aufhängen, oder nicht.

In anderen öffentlichen Gebäuden liegt es im Ermessen der jeweiligen Gebietskörperschaft, ob sie die Räume mit Bildnissen ihrer Amtsträger oder Glaubenssymbolen jedweder Art schmückt. Regeln gibt es nicht.

Ein Beamter der Landesregierung in Niederösterreich umschreibt die Praxis so: „Wenn jemand den Herrn Landeshauptmann auf seinem Arbeitsplatz hängen haben will, steht ihm das frei – Ge- oder Verbote gibt es nicht.“

Erfrischend unkompliziert nimmt sich dagegen die Beflaggung von Amtsgebäuden wie dem Wiener Rathaus aus. „Dazu braucht es zum Glück keine Gesetze“, heißt es in der Magistratsdirektion. Egal, ob bei einem Todesfall oder einem Staatsbesuch: Das jeweilige Banner wird im Fall des Falles einfach von der Rathausverwaltung angeordnet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.11.2008)

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