Mehr Einbrüche, mehr Opferhilfe

(c) APA (Helmut Fohringer)
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Die Opferhilfe schlägt Alarm: Immer öfter ist psychologische Hilfe notwendig. In Wien gibt es ein Plus von 5,1 Prozent.

WIEN. Die erste Kriminalstatistik des neuen Jahres wartet mit keinen positiven Zahlen auf. Im Vergleich zum Jänner des Vorjahres stiegen österreichweit die Anzeigen nach strafrechtlichen Delikten im Jänner 2009 um 7,1 Prozent oder knapp 3000 Fälle.

In Wien gibt es ein Plus von 5,1 Prozent. Nach wie vor nicht zu stoppen scheint der Bereich Sachbeschädigung: Die angezeigten Fälle stiegen um 21,1 Prozent. Das sind knapp 400 Taten. Im Gegensatz zu den vergangenen Monaten weist die Wiener Kriminalstatistik jetzt auch wieder einen Anstieg bei Einbrüchen in Einfamilienhäusern und Wohnungen auf. Bei Einfamilienhäusern gab es eine Zunahme um 17,5 Prozent, bei Wohnungen um 5,6 Prozent.

Aufgrund dieser Entwicklung kündigte die Wiener Polizei an, die Präventionsmaßnahmen zu verstärken und in den Planungen von Streifen flexibler zu reagieren. Einbrüche in Wohnungen und Häuser sind für die Opfer besonders schlimm: Immerhin ist die Privatsphäre direkt betroffen. Ein Bereich, der für viele als „sicheres Rückzugsgebiet“ gesehen wird. Depressionen und Angstzustände sind oft die Folge. Beim „Weißen Ring“, einer Einrichtung, die Verbrechensopfern psychologische und juristische Hilfe anbietet, berichten Mitarbeiter von einer „steigenden Tendenz“ von Einbruchsopfern, die Hilfe und Beistand suchen.

Über Zahlen möchte Geschäftsführerin Marianne Gammer zwar nicht reden, sie bestätigt aber, dass immer mehr Verbrechensopfer psychologische Beratung in Anspruch nehmen. Aus einer internen Statistik des „Weißen Rings“ geht hervor, dass im ersten Halbjahr 2008 nicht weniger als 2500 Opfer (65 Prozent von ihnen sind Frauen) professionelle Hilfe benötigt haben – ein Plus von 40Prozent gegenüber dem Vergleichszeitraum 2007.

Ältere Opfer leiden besonders

„Wohnungseinbrüche sind vor allem für ältere Menschen sehr belastend“, berichtet Gammer. In den meisten Fällen stehlen die Täter neben Geld, das in der Wohnung verwahrt wurde, Schmuckstücke. Auch wenn diese nicht besonders wertvoll seien, haben sie für die älteren Opfer einen ideellen Wert. „Wenn der Ehering vom verstorbenen Partner oder andere Erinnerungsstücke darunter sind, bricht für viele eine Welt zusammen“, erklärt Gammer.

Jüngere Opfer würden sich nicht selten überlegen, nach einem Einbruch eine andere Wohnung zu nehmen. Durch eine neue (und besser gesicherte) Umgebung hoffen sie, die Tat schneller vergessen zu können. Für ältere Einbruchsopfer sei dies, so Gammer, aber in den meisten Fällen unmöglich. Für Pensionisten, die oft schon 40oder 50 Jahre in derselben Wohnung leben, sei ein Umzug nicht einfach. Jedenfalls sei das Ziel der Hilfe für alle Verbrechensopfer, die durch Einbrüche oder Überfälle entstandenen Ängste wieder in den Griff zu bekommen. Gammer bestätigt, dass bei Prozessen auch immer öfter „psychische Schmerzen“ als Folge der Tat anerkannt werden.

Aber nicht nur der „Weiße Ring“ spricht von einer Steigerung der Beratungstätigkeit: Laut Polizei gebe es seit der Jahreswende auch ein verstärktes Interesse an der Kriminalpolizeilichen Präventionsberatung.

Auf einen Blick

Kriminalstatistik. Die erste Anzeigenstatistik dieses Jahres wurde veröffentlicht, sie bezieht sich auf den Jänner 2009. Im Vergleich zum Jänner 2008 gibt es österreichweit ein Plus an Anzeigen von 7,1 Prozent. In Wien (+5,1Prozent) sind vor allem Wohnungs- und Hauseinbrüche angestiegen. Keinen Rückgang gibt es bei den Sachbeschädigungen – plus 21 Prozent in Wien.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.02.2009)

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