Großbritannien: Fotos der Opfer von Josef F. veröffentlicht

(c) Reuters (Leonhard Foeger)
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Das britische Massenblatt "The Sun" hat Bilder der Tochter und eines ihrer Kinder von Josef F. veröffentlicht. Kampusch-Anwalt Ganzger rät zu Gang an die Öffentlichkeit.

Bisher hat es keine Fotos und keine Interviews mit den Opfern von Josef F. gegeben, der in Amstetten seine Tochter 24 Jahre in einem Keller gefangen gehalten, missbraucht und mit ihr sieben Kinder gezeugt haben soll. Die Familie wollte - teilweise mit einer neuen Identität ausgestattet - ohne Mediengetöse in ein neues Leben starten. Nun hat die britische Boulevardzeitung "The Sun" allerdings Fotos veröffentlicht, die die Tochter von Josef F. in Begleitung einer ihrer Töchter zeigen, wie die Tageszeitung "Österreich" am Freitag berichtete.

Die bereits am Montag erschienenen Fotos würden nach österreichischem Recht eine krasse Verletzung des Persönlichkeitsschutzes darstellen und wären nach § 7a Mediengesetz (Schutz vor Bekanntgabe der Identität) und nach § 78 Urheberrechtsgesetz (Bildnisschutz) klagbar. Da es im Urheberrechtsgesetz für den Schadenersatz nach einer verbotenen Veröffentlichung keine Obergrenze gibt, sondern sich dieser nach dem Marktwert der Fotos bemessen würde, hätte die Familie gute Chancen, mit Klagen gegen unzulässige Veröffentlichungen vorzugehen und diese einzudämmen: Experten gehen davon aus, dass in diesem Fall Rekordentschädigungen fällig wären, die selbst potente Medieninhaber finanziell schwer verkraften könnten.

Montags-"Sun" war nicht in Österreich erhältlich

Das österreichische Medienrecht bietet im gegenständlichen Fall den Betroffenen allerdings keinen Schutz: Die Ausgabe der "Sun" soll - offenbar ganz bewusst - dem Vernehmen nach nicht in den deutschsprachigen Raum ausgeliefert worden sein. Auf der Online-Ausgabe des Massenblatts sind die Bilder nicht abrufbar. Laut Morawa Verlag, der die Zeitung in Österreich vertreibt, war die Ausgabe vom 9. Februar, in der die beiden Fotos abgebildet waren, nicht eingetroffen. Man sei jedoch von der "Sun" nicht über den Grund informiert worden.

"Wenn die Auswirkungen der Veröffentlichung in Österreich nicht merkbar sind, weil diese hierzulande nicht erwerbbar bzw. abrufbar ist, ist in Österreich kein bzw. nur ein begrenzter Schaden eingetreten", erläuterte der Wiener Medienrechtsexperte Michael Rami am Freitag. Damit würden die heimische Gesetze nicht greifen. "Geklagt müsste in England nach dem dortigen Recht werden", sagte der Anwalt.

Sein Kollege Gerald Ganzger, der Natascha Kampusch unter anderem auch gegen die britische Boulevardpresse medienrechtlich vertreten hat, pflichtet dem bei: "Wenn die Publikation in Österreich nicht zu erwerben und zu erfassen ist, ist die Zuständigkeit der österreichischen Gerichte nicht gegeben. Hierzulande kann das nicht verfolgt werden."

"Familie soll in seriösen Medien auftreten"

Die Opfer von Josef F. müssten die Verletzung ihrer Rechte in England geltend machen und sich dabei auf die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) stützen, betonte Ganzger: "Der Persönlichkeitsschutz ist in Großbritannien kein gesatztes Recht. Es gibt in diesem Bereich anders als bei uns keine einfachgesetzlichen Regelungen." Großbritannien habe jedoch die EMRK unterzeichnet, so dass die Gerichte auf Basis von Artikel 8, der die Achtung der Privatsphäre vorschreibt, anrufbar wären

Nach Ansicht Ganzgers wäre eine Klage gegen die "Sun" aber "sicherlich ein großes Risiko" und außerdem mit enormen Prozesskosten verbunden: "Die Pressefreiheit wird in England sicher stärker betont als der Identitätsschutz. Deswegen ist eine gerichtliche Verfolgung problematisch." Er rät den Betroffenen, an die Öffentlichkeit zu gehen: "Diesen Dammbruch muss man stoppen. Es ist zu überlegen, ob die Familie nicht doch in die Öffentlichkeit geht und das ächtet. Sie sollten in Verbindung mit seriösen Medien treten und dagegen auftreten, damit diese Vorgangsweise in aller Deutlichkeit geächtet wird", meinte Ganzger.

(APA)

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