Erstmals Koran-Verteilung verboten

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Wiener Neustadt hat Anfang der Woche erstmals das Verteilen von Koranen in der Fußgängerzone verboten. In Wien dürfte so ein Verbot dagegen nicht kommen.

Wien. Wiener Neustadt hat das Verteilen von Gratis-Koranen in der Fußgängerzone Anfang dieser Woche verboten. Auslöser dürften die zu dreisten Koran-Verteiler gewesen sein. Es habe in letzter Zeit einige Beschwerden aus der Bevölkerung gegeben, bestätigte Thomas Iwanschitz, Leiter des städtischen Medienservices, entsprechende Berichte am Mittwoch. Das Verbot richte sich daher nicht „gegen den Koran oder das Verteilen des Korans, sondern gegen die Verteiler“, sagte Iwanschitz zur „Presse“.

So hätten die Verteiler des Korans die Fußgänger „sehr offensiv, um nicht zu sagen verbal aggressiv“ belästigt. Man sei den Menschen unter anderem nachgelaufen und habe Diskussionen angefangen. Auch die offiziellen islamischen Vereinigungen, die auch am interreligiösen Dialog zwischen den Glaubensgemeinschaften und der Stadt teilnehmen, hätten diese Verteilaktion von kleineren Gruppen als kritisch gesehen, betonte der Leiter des Medienservices. Aus diesem Grund wurde der neueste Antrag für einen Infostand und die Verteilung nicht mehr genehmigt.

Hinter dem Infostand steht, laut Iwanschitz, kein Verein, sondern es handle sich um Privatpersonen – daher dürfen die Behörden auch deren Namen nicht bekannt geben. 2014 habe es von der Gruppe bisher fünf Verteilaktionen in Wiener Neustadt gegeben.

Auf die Frage, ob nun mit Einsprüchen seitens der Koran-Verteiler zu rechnen ist, sagte Iwanschitz: „Es gibt keinen Rechtsanspruch auf einen Infostand. Die Stadt als Grundeigentümerin kann einen Antrag ablehnen.“ Das Verbot sei jetzt einmal für einige Zeit gültig. Damit die Gruppe wieder eine Erlaubnis für die Verteilung bekäme, müsste sie zuerst den Dialog mit der Stadt suchen.

Auch in Wien wird der Koran immer wieder verteilt – unter anderem auf der Mariahilfer Straße. Das Problem dabei: Hinter den Verteilaktionen stehen salafistische Gruppierungen, die so versuchen, junge Menschen für ihre Auslegung des Islam zu begeistern, Experten sehen darin auch eine Vorstufe zu einer Zuwendung zum Jihadismus.

Trotzdem wird es in Wien ein Verteilverbot in absehbarer Zeit wohl nicht geben. „Ein Verbot für das Verteilen von Büchern ist verfassungsrechtlich schwierig“, heißt es dazu aus dem Büro von Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ). Es sei Aufgabe des Verfassungsschutzes, sich darum zu kümmern, dass dort nicht Dinge passieren, die nicht sein sollten. (win/APA)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.10.2014)

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