Polizeischüler: Fast die Hälfte Frauen

Landesweit sind elf, in Wien 13,5 Prozent der Polizeibediensteten weiblich.

WIEN.Eine Szene in Wien, zu Beginn der Neunzigerjahre: Auf der Straße macht sich ein Ehepaar entsetzt Luft über einen Polizeibeamten mit langen Haaren. Eine Ungeheuerlichkeit! Wie kann das nur möglich sein? Der Polizist dreht sich um. Es ist eine Frau.

Manuela Türk muss schmunzeln, wenn sie diese kleine Begebenheit erzählt, deren Zeuge sie einst wurde. Eine Geschichte, die gut illustriert, wie es einmal war mit den Frauen in der Polizei. 1991, als Türk ihre ersten Schritte als Polizistin unternahm, ließ eine Regelung des Innenministeriums Frauen erstmals vollständig zum Polizeidienst zu. Vorher waren sie primär als Politessen zur Verkehrsregelung und in der Parkraumüberwachung eingesetzt gewesen. „Exotisch“ waren die Frauen in Uniform damals, erinnert sich die Beamtin. Heute trägt Türk den Dienstgrad Oberstleutnant und ist stellvertretende Leiterin des Bildungszentrums der Exekutive in der Wiener Marokkanerkaserne. Damals wurde man beäugt, begutachtet, bestaunt. Aber: „Es war eine Herausforderung, als eine der ersten diesen Weg zu gehen.“

Frauenfreundlich?

18 Jahre später regt sich niemand mehr über einen Polizisten mit langen Haaren auf – wenn diese nur gut zusammengebunden sind, das ist die Dienstvorschrift. Aber ist die Polizei eine frauenfreundlichere Institution geworden? Was die harten Fakten angeht: teilweise. Der Frauenanteil in der Exekutive hat sich österreichweit bei elf Prozent eingependelt: Von 27.000 Beamten sind 3000 weiblich. Vorarlberg hat den höchsten Frauenanteil mit 15Prozent, Wien ist mit 13,5Prozent auf Platz zwei: Unter den 7360Wiener Exekutivbeamten sind knapp 1000 Frauen. Beim Polizeinachwuchs macht sich die Feminisierung stärker bemerkbar: Die Klassen sind fast zur Hälfte weiblich. Auch von den 50 Polizeischülern, die heuer bisher aufgenommen wurden (400 sollen noch folgen), halten Frauen 50Prozent.

Im Dienst geben meistens noch die Männer den Ton an. Und den Schmäh. „Sich nichts gefallen lassen“, das haben die beiden Polizeischülerinnen Sabrina Pintarelli und Sandra Kophandl, beide Anfang 20, bei ihrer Praxisphase vergangenen Sommer gelernt – in den Bezirkskommissariaten im 10. und 16. „Man braucht eine gewisse Stärke, wenn man mit Kollegen und den Parteien zu tun hat.“

Gleichbehandlung gibt es in der Ausbildung: Frauen und Männer erledigen dieselben Arbeiten, beim Wegräumen der Tretgitter gibt es keine Ausnahmen. Kophandl und Pintarelli, die an ihrem Job schätzen, dass er so viel mit Menschen und so wenig mit Routine zu tun hat, finden das gut: Als Frauen anders behandelt werden möchten sie nicht. Zu groß die Gefahr, nicht ernst genommen zu werden.

Würde man die Frauen in der Ausbildung speziell fördern, bekräftigt Manuela Türk, könnte das Missgunst erregen. Und das ist der Karriere nicht förderlich – Sabrina will Kriminalbeamtin werden, Sandra möchte in eine Spezialeinheit – in die Cobra oder Wega. Freilich sind die beiden schon Kollegen oder Parteien begegnet, die Frauen nicht akzeptieren. „Man darf sich das“, meint Sabrina pragmatisch, „nicht zu Herzen nehmen.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.04.2009)

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