"Lebenslange" sitzen im Schnitt 22,5 Jahre in Haft

Vor einem Einkaufszentrum in Wien-Floridsdorf wurde der Verdächtige am Montag angeschossen
Vor einem Einkaufszentrum in Wien-Floridsdorf wurde der Verdächtige am Montag angeschossenAPA/GEORG HOCHMUTH
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Der Doppelmörder, der am Montag in Wien angeschossen wurde, war seit November frei. Er hatte 24,5 Jahre abgesessen und alle therapeutischen Maßnahmen erfüllt.

Strafgefangene müssen für ihre bedingte Entlassung ein umfangreiches Prozedere durchlaufen. Besonders gilt dies für "Lebenslange". Vor ihrer Enthaftung müssen sie umfangreiche therapeutische Maßnahmen absolvieren. Das betraf auch den 47-jährigen mutmaßlichen Einbrecher, der am Montagabend in Wien-Floridsdorf angeschossen wurde, als er sich mit Schüssen und einer Handgranate gegen seine Festnahme wehrte.

Der Mann wurde im Februar 1990 verhaftet, nachdem er einen Doppelmord im Jahr davor verübt hatte, und zu lebenslanger Haft verurteilt. Er hatte einen Drogendealer getötet und einen Gendarmen regelrecht hingerichtet. Nach mehr als 24,5 Jahren wurde er im vergangenen November bedingt auf freien Fuß gesetzt, nachdem er umfangreiche Maßnahmen ohne jede Auffälligkeit absolviert hatte und ihm eine entsprechende Prognose gestellt wurde.

Mindestens 15 Jahr, durchschnittlich 22,5 Jahre

141 Personen saßen laut Vollzugsdirektion am Stichtag 25. Februar mit einer lebenslangen Haftstrafe in vier österreichischen Justizanstalten. Geregelt ist die bedingte Entlassung im Paragraf 46 des Strafgesetzbuches. Dort heißt es unter Absatz 6: "Ein zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe Verurteilter darf nur bedingt entlassen werden, wenn er mindestens fünfzehn Jahre verbüßt hat und anzunehmen ist, dass er keine weiteren strafbaren Handlungen begehen werde." Das hatte der 47-Jährige erfüllt.

Laut Vollzugsdirektion liegt die durchschnittliche Haftdauer für "Lebenslange" deutlich über den 15 Jahren Mindesthaftdauer. 22,5 Jahre muss jemand, der lebenslänglich bekommt, im Schnitt tatsächlich absitzen. Zur Klarstellung: Von einem Tag auf den anderen wird niemand entlassen. Der 47-Jährige musste zahlreiche therapeutische Maßnahmen absolvieren, von Gruppensitzungen bis zu Einzelinterventionen. Die Persönlichkeitsstruktur wurde bewertet, auch das Anlassdelikt fließt immer in die Beurteilung ein.

16 "Vollzugslockerungen" absolviert

Der Angeschossene gab dabei nie Anlass zu Besorgnis. 2013 wurde sein Antrag auf bedingte Entlassung abgelehnt, dabei habe man ihm allerdings bedeutet, dass er, wenn er alle Auflagen erfülle, mit einer baldigen positiven Beurteilung weiterer Anträge rechnen könne. Der Vollzugsdirektion zufolge ist diese Vorgangsweise durchaus üblich. In weiterer Folge absolvierte der 47-Jährige 16 Vollzugslockerungen.

Das beginnt in der Regel mit einem relativ kurzen Ausgang in Begleitung eines Justizwachebeamten. Weitere Ausgänge werden zum Beispiel therapeutisch begleitet. Auch die Länge wächst. Zuletzt absolvierte der Häftlinge einen dreitägigen unüberwachten Ausgang - ohne jede Beanstandung, wie in der Vollzugsdirektion betont wurde.

Verdächtiger wollte im Ausland leben

Der 47-Jährige wäre wohl in jedem Fall entlassen worden. Er hätte die Auflage bekommen, weitere Betreuung - etwa durch die Bewährungshilfe - zu suchen. Seine Probezeit wurde auf zehn Jahre festgesetzt. Er gab jedoch an, dass er seinen Wohnsitz nicht in Österreich haben werde, wodurch die Auflagen hinfällig wurden.

Dass der Fall so endet wie am Montag, ist laut einem Bericht des ORF Niederösterreich übrigens sehr gering. Demnach beträgt das Rückfallrisiko unter einem Prozent.

(APA)

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