Finanzen: Als Alijew mit Geld um sich warf

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Wie sein Ex-Schwiegervater Nasarbajew schuf der Diplomat ein Firmenimperium und spann ein Netzwerk in Österreich.

Wien. Die Szene spielt im Maria-Theresia-Salon des Hotel Sacher zwischen Gemälden der Habsburger-Kaiserin, Spiegeln und Lüstern. Draußen vor der Tür haben Bodyguards Stellung bezogen, und drinnen packt Rachat Alijew im Frühjahr 2009 Geheimdokumente aus seinem „Giftschrank“: Kopien von Schecks liechtensteinischer Banken, Tonbandmitschnitte, CIA-Telegramme und Listen von Geheimdienstmitarbeitern an kasachischen Botschaften. So schildert „Spiegel“-Reporter Walter Mayr in dem Artikel „Der lange Arm des Präsidenten“ seine Begegnung mit dem Ex-Diplomaten und Ex-Schwiegersohn des kasachischen Autokraten Nursultan Nasarbajew.

In seinem Enthüllungsbuch „Godfather-in-Law“ hatte Alijew, der frühere Vize-Geheimdienstchef, soeben mit seinem ehemaligen Mentor und dessen System abgerechnet. Gejagt von kasachischen Agenten, untergetaucht und auf der Flucht, prophezeite er unverdrossen: „Mein ganzes Geld auszugeben, das wird mir schwerfallen.“

Zumindest mit dieser Prognose sollte der studierte Arzt und Ökonom, der Dienstagfrüh in seiner Zelle im Krankentrakt der Justizanstalt Wien-Josefstadt erhängt aufgefunden worden war, recht behalten. In unmittelbarer Nähe des Grauen Hauses hatte Alijews Maximus-Holding nebst anderen Immobilien zwei Wohnungen in der Landesgerichtsstraße erworben, wie aus einer detaillierten Sachverhaltsdarstellung der Rechtsanwaltskanzlei Lansky, Ganzger und Partner hervorgeht.

Österreichisch-kasachisches Netzwerk

Die Wiener Kanzlei, namentlich Gabriel Lansky, vertritt die Opfergesellschaft Tagdyr, in der sich die Angehörigen der mutmaßlichen Opfer Alijews zusammengeschlossen haben. Die beiden Manager von Alijews Nurbank waren 2007 von der Bildfläche verschwunden und erst vier Jahre später als Leichen mit gebrochenen Knochen in Ölfässern aufgetaucht. Nach Überzeugung Alijews steht Lansky indessen im Dienste Nasarbajews.

In einem Kapitel seines gestern erschienenen Buchs „Das schmutzige Geld der Diktatoren“ zeichnet der „Format“-Journalist Florian Horcicka nach, wie Rachat Alijew ebenso prasste und mit Geld um sich warf wie Nasarbajew, der selbst ernannte „Vater der Nation“. Beide Seiten sponnen ein Netzwerk bis in die höchsten politischen und wirtschaftlichen Kreise Wiens.

Über einen Strohmann, den kasachischen Milliardär Bulat Utemuratow, soll Nursultan Nasarbajew ein Ringstraßen-Luxushotel, das Ritz Carlton, gekauft haben, behauptet Alijew im zweiten Teil seiner Verteidigungsschrift, „Tatort Österreich“. Nur folgerichtig, dass in dem Hotel die österreichisch-kasachische Freundschaftsgesellschaft aus der Taufe gehoben wurde – mit so prominenten Vorstandsmitgliedern wie Ex-OMV-Chef Richard Schenz, Ex-Bank-Austria-Boss Erich Hampel, Ex-SPÖ-Bundesgeschäftsführer Josef Kalina und nicht zuletzt Gabriel Lansky.

„Tatort Österreich“ wirft ein Schlaglicht auf das politische System des Landes und die Käuflichkeit von Protagonisten wie Ex-Innenminister Karl Blecha oder des früheren SPÖ-Sicherheitssprechers und Ex-Polizisten Anton Gaál, die für eine Auslieferung Alijews nach Kasachstan intervenierten. Davon legte auch der Parlamentsuntersuchungsausschuss in der „Causa Asta“ Zeugnis ab.

Vienna im Visier des Fußballfans

Seine großzügigen Spenden, etwa für den Verein der Freunde der Wiener Polizei haben demnach den kasachischen Ex-Botschafter vielleicht vor Strafzetteln bewahrt, aber nur bedingt vor Ungemach. Mit dessen Präsidenten, dem ehemaligen Nationalbank-Chef Adolf Wala, pflegte Alijew enge Kontakte. Als Fußballfan und früherer Präsident des kasachischen Fußballverbandes bot er Wala in dessen damaliger Funktion als Vienna-Präsident sogar den Kauf des einstigen Nobelklubs an. Alijews Sohn Aisultan durfte auf der Hohen Warte mittrainieren und mitspielen.

Wala, Aufsichtsratschef in Alijews Maximus-Holding, konnte den Wunsch des spendablen und umtriebigen Diplomaten, mit dem Silbernen Ehrenzeichen der Republik Österreich ausgezeichnet, schlicht aus rechtlichen Gründen nicht erfüllen. Stattdessen schlug er Alijew vor, den Klub zu sponsern. Um eine halbe Million Euro, die die Maximus-Tochter Start auf ein eigens errichtetes Konto in Korneuburg überwiesen hatte, entbrannte später indessen ein Streit.

Alijew investierte in großem Stil in Immobilien, in das Media Quarter Marx, in Admiral-Wettcafés. Als ihm der Boden in Wien schließlich zu heiß wurde, begann er mit dem Verkauf seiner Villen in Hietzing und Döbling und der Transaktion seiner verschachtelten Firmenkonstruktion nach Malta. Lansky beziffert das Volumen mit mindestens 113 Millionen Euro. Ein Metallwerk in Deutschland und Tarnfirmen auf den Virgin Islands mit Fantasienamen wie Pandora Investments in der Karibik dienten lediglich der Geldwäsche.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.02.2015)

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