Anklagevorwurf gegen Salzburger Gerichtsgutachter: 13 falsche Befunde

Wer bekommt die Kinder? Ein nun beschuldigter Gutachter soll den Gerichten - laut Anklage - keine große Hilfe gewesen sein.
Wer bekommt die Kinder? Ein nun beschuldigter Gutachter soll den Gerichten - laut Anklage - keine große Hilfe gewesen sein.www.BilderBox.com
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Ein 51-jähriger Psychologe, der Gerichtsgutachten "wie am Fließband" produziert und dabei willkürlich vorgegangen sein soll, steht kommenden Freitag in Salzburg vor Gericht.

Ein ehemaliger Gerichtsgutachter muss sich im Landesgericht Salzburg (Richterin Martina Pfarrkirchner) am Freitag, den 13. März wegen des Vorwurfs der falschen Beweisaussage verantworten. Er soll in Obsorge- und Pflegschaftsverfahren in Salzburg und Oberösterreich mit fragwürdigen Methoden ans Werk gegangen sein und somit 13 falsche Befunde im Zeitraum von 2005 bis 2008 erstellt haben.

Der gebürtige Tiroler B. weist laut seinem Innsbrucker Verteidiger Mathias Kapferer alle Anschuldigungen zurück. Konkret soll er gemäß dem 13-seitigen, der "Presse" vorliegenden  Strafantrag (ausgearbeitet von der Staatsanwaltschaft Linz, 7 St 109/09x) ausgerechnet in an sich schon besonders sensiblen Pflegschaftsverfahren mangelhafte familienpsychologische Gutachten erstellt haben. Beispiele für die gerichtliche Beauftragung des beschuldigten Psychologen: Streitigkeiten um die Obsorge für Kinder in Folge von Ehescheidungen oder etwa Streitigkeiten um das mütterliche oder väterliche Recht, das Kind/die Kinder nach einer Trennung der Eltern zu besuchen.

Nur "fallunabhängige Routine"

Die Vorwürfe im Einzelnen: B. habe "relevante Akteninhalte willkürlich dargestellt und vielfach keine relevante Aktenanalyse vorgenommen". Er habe "Zeitpunkte und Zeitdauer von Informationserhebungen nicht ausreichend dargestellt". Er habe "keine einzelfallbezogene hypothesengeleitete Diagnostik durchgeführt, sondern fallunabhängige diagnostische Routinen vollzogen." B. habe weiters, so die Staatsanwaltschaft Linz, "die zentralen Qualitätsgebote für psychologische Diagnostik, nämlich die Forderung nach Transparenz und Nachvollziehbarkeit der für die gutachterlichen Schlussfolgerungen erforderlichen Datenermittlung verletzt". 

Insofern werfen Betroffene dem selbstständigen Psychologen vor, durch idente Textbausteine Gutachten quasi am Fließband fabriziert zu haben. Oft seien die Entscheidungen pauschal zulasten von Vätern gegangen, wird bemängelt. Der Beschuldigte war bis Ende 2009 als Sachverständiger tätig. Er soll mehrere hundert Expertisen verfasst haben. An seinem Fall hatten sich heftige Debatten um das Kindeswohl bei Scheidungen entzündet, Väterrechtler hatten dabei generell Kritik an den Entscheidungen der österreichischen Familiengerichte geübt.

Wer soll für die Kinder sorgen?

Bei den 13 nun zur Verhandlung stehenden Einzelfällen handelt es sich etwa um ein 2007 für das Bezirksgericht Vöcklabruck erstelltes familienpsychologisches Gutachten. Dieses sollte dem Gericht helfen zu entscheiden, welcher Elternteil künftig die Obsorge für die beiden gemeinsamen Kinder, ein kleines Mädchen und ein kleiner Bub, erhalten solle.

In einem anderen Fall (Jahr 2005) sollte ein familienpsychologisches Gutachten, in Auftrag gegeben vom Bezirksgericht Salzburg, dem Richter bei der Beantwortung der Frage helfen, welche Besuchsregelung dem Kindeswohl diene bzw. ob die Aussetzung des Besuchsrechts im Interesse des Kindes liege.

Für den Prozess sind vorerst 16 Zeugen geladen. Das Delikt "Falsche Beweisaussage", § 288 Strafgesetzbuch, begeht "wer vor Gericht als Zeuge oder, soweit er nicht zugleich Partei ist, als Auskunftsperson bei seiner förmlichen Vernehmung zur Sache falsch aussagt oder als Sachverständiger einen falschen Befund oder ein falsches Gutachten erstattet". Eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren droht.

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