Wien-Wahl: Gerangel um ÖVP-Liste

(c) APA/HERBERT NEUBAUER
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Die ÖVP beschließt ihre Kandidatenliste in wenigen Wochen. Starke Veränderungen sind geplant, viele wollen ihren Platz aber nicht räumen. Dazu kommt noch der "Fall Stenzel".

Wien. Die Wien-Wahl wirft ihren Schatten voraus. Die Wahlkampfkampagnen liegen fertig in den Schubladen der Parteien, die Kandidatenlisten (noch) nicht. Denn bisher haben von den etablierten Parteien nur die Grünen ihre Liste für die Wien-Wahl beschlossen. Mit dem Effekt, dass der Grün-Abgeordnete Şenol Akkılıç, der keinen Listenplatz mehr bekommen hat, zur SPÖ übergelaufen ist – woran die rot-grüne Koalition fast zerbrochen wäre.

In rund einem Monat will die ÖVP ihre Liste bestimmen. Und dort gibt es (traditionell) enormes Konfliktpotenzial. Parteichef Manfred Juraczka muss Wirtschaftsbund (WB), ÖAAB, Junge ÖVP, Bauernbund und Seniorenbund zufriedenstellen. Gleichzeitig soll die Liste verjüngt und in Bezug auf die Geschlechter ausgewogen sein. Nebenbei muss es ein Angebot an wahlberechtigten Migranten geben, ist zu hören. Und das alles soll „eine Liste werden, die eine Geschichte erzählt“, hatte Juraczka im kleinen Kreis öfter erklärt.

Nur: Dem Vernehmen nach wollen alle ÖVP-Gemeinderäte weitermachen. Also ihren Platz nicht räumen. Als wäre diese Situation nicht konfliktträchtig genug, hatte die mächtigste Teilorganisation der Stadtpartei, der Wirtschaftsbund (WB), erstmals öffentlich seinen Anspruch erhoben. Und Juraczka ausgerichtet: Berndt Querfeld (Café Landtmann), Alexander Biach (WB-Direktor) und Petra Gregorits (WB-Vizelandesobfrau) müssen auf die Liste. Damit beginnt das Zittern bei jenen ÖVP-Gemeinderäten, die 2010 durch ein WB-Ticket in den Gemeinderat gekommen sind. Also Isabella Leeb, Alexander Neuhuber, Barbara Feldmann, Ines Schneider, Bernhard Dworak.

Fix ist: Der Kampf um die Mandate innerhalb der ÖVP wird hart. Zwar konnte Juraczka die Partei seit seiner Amtsübernahme stabilisieren, es könnte am 11.Oktober sogar ein Plus vor dem ÖVP-Ergebnis stehen. Allerdings wird sich (laut Umfragen) kein weiteres Mandat ausgehen, womit das Gerangel um die ÖVP-Liste massiv verschärft wird.

Verhandlungen mit Stenzel

Falls die ÖVP am 11.Oktober zulegen kann (wonach es derzeit aussieht), kann Juraczka das als Sieg feiern – nachdem es in der Vergangenheit bereits Meldungen gegeben hat, die ÖVP könnte bei der Wien-Wahl nur mehr einstellig werden. Allerdings könnte der (kleine) Erfolg am Wahlabend relativiert bzw. thematisch völlig überdeckt werden – wenn die ÖVP den prestigeträchtigen ersten Bezirk verliert. Immerhin hat die ebenso streitbare wie prominente Citybezirksvorsteherin Ursula Stenzel (ÖVP) vor wenigen Monaten über ihr Büro bestätigt, dass sie bei der Wien-Wahl im ersten Bezirk gegen ihre Partei antreten wird – nachdem sie als ÖVP-Spitzenkandidatin im ersten Bezirk demontiert wurde. Als Folge startete die ÖVP intensive Verhandlungen mit Stenzel. Immerhin hatten ÖVP-interne Umfragen ergeben: Tritt Stenzel an, verliert die ÖVP den ersten Bezirk an die Grünen.

Die ÖVP versucht alles, um Stenzel doch noch von einer Kandidatur abzuhalten. Außenminister Sebastian Kurz, der auch Landesparteiobmannstellvertreter in Wien ist, soll Stenzel einen Posten im Außenministerium angeboten haben. Das Argument: Hier könnte die Ex-EU-Politikerin ihre internationalen Erfahrungen einbringen. Immerhin war sie von 1999 bis 2005 Mitglied des Europäischen Parlaments und ÖVP-Delegationsleiterin in Brüssel.

Auch der neue ÖVP-Spitzenkandidat im ersten Bezirk, Markus Figl, der sich einen Machtkampf mit Stenzel geliefert hat, soll der Ex-ORF-Moderatorin ein Friedensangebot gemacht haben. Im Fall eines Wahlsiegs soll er Stenzel ein weisungsunabhängiges Bürgerbüro in der Bezirksvorstehung angeboten haben – mit der Begründung: Stenzel möge ja an ihrem Job am liebsten die direkte Zusammenarbeit mit den Bürgern. In Stenzels Büro heißt es zu den Verhandlungen: „Während laufender Gespräche werden wir das nicht kommentieren.“ Angekündigt wird aber, dass die Entscheidung in der zweiten Junihälfte bekannt gegeben wird.

FIXSTARTER AUF DER ÖVP-LISTE

Berndt Querfeld war eigentlich Garten- und Landschaftsgestalter, stieg aber 1988 in den Betrieb seiner Eltern in das Café Landtmann an der Wiener Ringstraße ein. Später übernahm er weitere traditionsreiche Kaffeehäuser. Seit 2010 ist er Obmann der Fachgruppe Kaffeehäuser in der Wiener Kammer.

Alexander Biach ist seit 2007 Direktor des Wirtschaftsbundes Wien. Er studierte BWL an der WU Wien, war Büroleiter des damaligen Generalsekretärs und heutigen ÖVP-Parteichefs, Reinhold Mitterlehner. Biach ist auch Vizeparteichef der ÖVP Wien und ÖVP-Bezirksparteiobmann im fünften Bezirk.

Petra Gregorits ist Vizelandesobfrau des Wirtschaftsbunds Wien (seit 2014) und Vorsitzende von „Frau in der Wirtschaft“ in der Wiener Kammer. Die Burgenlandkroatin, die an der WU studiert hat, hat ihre politischen Schwerpunkte im Bereich Gesellschafts- und Wirtschaftspolitik. [ Fabry, Weinwurm, ÖVP ]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.05.2015)

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