Ärztekammer kritisiert "verbotene" Tamiflu-Werbung

(c) AP (SANG TAN)
  • Drucken

Ärztekammer und der Verein für Konsumentenschutz kritisieren "Schleichwerbung" führender Mediziner für das Grippemittel Tamiflu. Werbung für rezeptpflichtige Medikamente ist in Österreich verboten.

Ärztekammer und der Verein für Konsumentenschutz (VKI) kritisieren den Werbeeffekt, den das Lob führender Gesundheits-Experten für das Grippemittel Tamiflu auf den Konsumenten haben könnte. Das berichtete das ORF Morgenjournal. Werbung für rezeptpflichtige Arzneimittel ist in Österreich verboten. Nach dem Ausbruch der jüngsten Grippewelle haben führende Mediziner erklärt, dass sie das Medikament selbst zu Hause eingelagert hätten.

"Mir persönlich ist es lieber, ich habe vorsorglich Tamiflu zu Hause", sagte der Wiener Virologie-Professor Franz Xaver Heinz nach dem Ausbruch der Mexiko-Grippe dem "Kurier". Der Wiener Sozialmediziner Michael Kunze erklärte dem ORF nach Bekanntwerden der ersten Grippefälle, er habe "selbstverständlich" einen privaten Vorrat der Neuraminidase-Hemmer Tamiflu und Relenza.

Ärztekammer: Experten-Lob ist "bedenklich"


Ärztekammer-Präsident Artur Wechselberger sagte, er halte es prinzipiell für bedenklich, "wenn Experten in dieser Breite ein Medikament loben, von dem man weiß, dass es den Krankheitsverlauf nur etwas vermindert und die Krankheitsdauer etwas verkürzen kann, von dem es keine Beweise gibt, dass es Komplikationen wirklich verhindert."

Bärbel Klepp, Gesundheitsexpertin beim Verein für Konsumenteninformation kritisierte ein Nahverhältnis zwischen Medizinern und Industrie, das nicht immer transparent gemacht werde. Wenn ein Experte seine Meinung äußert und dafür kein Geld bekommt, sei das per Definition keine Werbung: "Aber natürlich hat es einen Werbeeffekt auf den Konsumenten."

Beziehungen zwischen Medizinern und Pharmaindustrie

Die Beziehungen zwischen Experten und Industrie seien aber sehr eng: Forschungsarbeiten, Fortbildung und Kongressreisen würden gemeinsam gemacht. Der Pharmakonzern Roche, der Tamiflu herstellt, sponsert etwa das Influenza-Netzwerk des Virologie-Instituts, das von Franz Xaver Heinz geleitet wird. Und Sozialmediziner Michael Kunze hat in den vergangenen Jahren mit Aussagen in Pressaussendungen der Firma Roche für Aufregung gesorgt und gesteht ein, von Roche wohl Honorare für Auftritte erhalten zu haben.

Heinz sagte, Geld von Roche fließe nur in Projekte seines Instituts und nicht an ihn. Natürlich seien Neuraminidasehemmer kein Wundermittel, aber etwas Besseres gebe es nicht. Kunze gab an, seine Aussagen würden auf Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation basieren, Geld von Roche habe er dafür nicht bekommen. Und: Es wäre doch unethisch selbst ein Medikament einzulagern und das der Bevölkerung nicht zu sagen.

(Red.)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.