Warum den Schleppern lebenslang droht

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Justizminister Brandstetter will den Schlepperei-Paragrafen schon per Oktober verschärfen. Im aktuellen Fall drohen den Verantwortlichen bereits wegen Gemeingefährdung oder gar Mord hohe Strafen.

Wien. Der verschärfte Schleppereiparagraf soll nicht wie ursprünglich angekündigt erst ab 2016, sondern nach Möglichkeit schon ab Oktober wirksam werden. „Wir wünschen uns ein ehestmögliches Inkrafttreten der Verschärfung“, erklärte Justizminister Wolfgang Brandstetter gegenüber der „Presse“. Freilich wolle er aber dem parlamentarischen Prozess nicht vorgreifen.

Die Verschärfung im Fremdenpolizeigesetz soll dazu führen, dass bereits bei drei (statt wie bisher zehn) geschleppten Personen eine Strafe von bis zu fünf Jahren verhängt werden kann. Die strengere Strafdrohung würde es zudem erleichtern, die Schlepper gleich in Untersuchungshaft zu nehmen. Momentan drohen, wenn man weniger als zehn Personen schleppt, nur bis zu zwei Jahre Haft. In solchen Fällen kam eine U-Haft wegen der geringeren Strafhöhe bisher nur selten zur Anwendung.

Wer einen Fremden als Schlepper während der Beförderung in einen qualvollen Zustand versetzt, ist aber auch schon jetzt (unabhängig von der Opferzahl) mit bis zu fünf Jahren Haft zu belangen. Im Justizministerium betont man, insgesamt ausreichende strafrechtliche Mittel in diesem Bereich zu haben, weswegen nur die gewünschte kleine Anpassung ausreicht.

Gefahr für größere Menschenmenge

Im aktuellen Fall mit 71 toten Flüchtlingen in einem im Burgenland abgestellten Lkw dürfte man juristisch mit dem Schlepperei-Paragrafen ohnedies nicht das Auslangen finden. Greifen könnte etwa auch der im Strafgesetzbuch angesiedelte Tatbestand der vorsätzlichen Gemeingefährdung. Er bestraft Handlungen, die eine Gefahr für eine größere Zahl von Menschen bringt. Hat diese Tat den Tod einer größeren Zahl von Menschen zur Folge, so droht eine Freiheitsstrafe von zehn bis zu zwanzig Jahren – oder lebenslang.

Es wäre also gar keine Verurteilung wegen Mordes nötig, um lebenslange Haft zu verhängen. Wobei auch der Tatbestand des Mordes nicht ausgeschlossen ist. Dieser liegt bereits bei einem bedingten Vorsatz vor. Es reicht also, wenn der Schlepper in Kauf nimmt und sich damit abfindet, dass seine Tat zum Tod anderer führt. Wenn man nun viele Menschen in einen Raum ohne Luftzufuhr einpfercht, könnte also der Tatbestand erfüllt sein.

Der Leiter der Staatsanwaltschaft Eisenstadt, Johann Fuchs, erklärte, diese Delikte zu prüfen. Man sei aber noch am Anfang der Ermittlungen und wolle daher nicht mehr zu möglichen Tatbeständen sagen, hieß es seitens der Staatsanwaltschaft zur „Presse“.

Foto in „Krone“: Klagsmöglichkeiten

Für Aufregung sorgte am Freitag auch, dass die „Kronen Zeitung“ ein Bild mit toten Flüchtlingen im Lkw veröffentlichte. Laut Mediengesetz dürfte die Zeitung dafür nichts zu befürchten haben, heißt es aus Expertenkreisen. Zwar können sich nach dem Mediengesetz Opfer einer Straftat gegen die Preisgabe ihres Bildes wehren. Die Opfer sind aber tot und können nicht mehr klagen.

Die Angehörigen aber könnten das Urheberrechtsgesetz bemühen. Dieses sieht ausdrücklich eine Regelung für den Fall vor, dass der Abgebildete verstorben ist. Auch nahe Verwandte können auf Unterlassung und Entschädigung klagen, wenn „berechtigte Interessen“ durch das Foto verletzt wurden.

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("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.08.2015)

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