Landstraße: Comeback der Markthalle

Markthalle: 16 Künstler stellen hier, zwischen Schutt und abgebröckeltem Verputz, ihre Werke aus.
Markthalle: 16 Künstler stellen hier, zwischen Schutt und abgebröckeltem Verputz, ihre Werke aus.(c) Breathless
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Der 3. Bezirk will die Landstraßer Markthalle nach dem Umbau von Wien-Mitte reaktivieren. Nach dem Aus der Halle im Vorjahr wurde den Standlern von der Stadt viel versprochen. Passiert ist danach wenig.

Wien. Nach Fleisch und Sauerkraut riecht es hier schon lange nicht mehr. Vor über einem Jahr sind die Standler ausgezogen. Weil sie mussten. Seither steht die marode Landstraßer Markthalle leer und wartet darauf, im Zuge der Wien-Mitte-Neugestaltung abgerissen zu werden. Nun hat sie noch einmal (kurz) geöffnet: 16 Künstler stellen hier, zwischen Schutt und abgebröckeltem Verputz, ihre Werke aus. Ein (kleines) Comeback der Markthalle.

Dem eine größere, dauerhafte Rückkehr folgen soll: Erich Hohenberger, SP-Bezirksvorsteher des dritten Bezirks, will den Markt nach dem Umbau von Wien-Mitte 2011 an der alten Stelle reaktivieren. „Ich möchte die Spezialitäten an diesen Ort zurückholen“, sagt er. Sobald feststeht, wie viel Platz die Polizeidienststelle (sie soll am jetzigen Standort der Halle einziehen) braucht, möchte Hohenberger Gespräche mit den vertriebenen Standlern führen und die restliche Fläche als Marktgebiet reaktivieren.

Die „Markthalle neu“ stellt er sich kleiner vor als die alte Halle. Sie soll außerdem privat geführt werden, wie es auch in anderen Städten funktioniere. Vom städtischen Marktamt soll der neue Markt jedenfalls nicht verwaltet werden. „Sonst“, sagt Hohenberger, „hätten wir wieder dasselbe Dilemma.“

Das in etwa so aussah: 2007 entschied die Stadt Wien überraschend, die Markthalle, die schwer sanierungsbedürftig war, da wenig Geld in den Erhalt gesteckt worden war, zu schließen. Den Standlern wurde viel versprochen: Bürgermeister Michael Häupl sagte, man wolle „nicht grausam, sondern so kooperativ wie möglich“ mit den Standlern umgehen. Es werde faire Ablösen geben. Die Stadt werde bei der Suche nach neuen Standorten helfen. Eine Idee war, die Standler in der Umgebung unterzubringen, um die Nahversorgung im Grätzel zu sichern. Die für Märkte zuständige Stadträtin Sandra Frauenberger sagte den Beschäftigten, die durch das Aus des Markts ihre Jobs zu verlieren drohten, Hilfe zu.

„Im Regen stehen gelassen“

Von wegen. Passiert ist – so gut wie nichts. „Damals war eben viel im Gespräch“, heißt es beim Marktamt, „das hat sich alles zerschlagen.“ Offenbar. Nur acht der 49 Standler sind heute auf anderen Märkten. Was aus dem Rest wurde, wisse man nicht, heißt es aus Frauenbergers Büro. „Wir haben die Ablöseverhandlungen geführt, damit ist die Sache für uns beendet.“ Ob man Beschäftigen bei der Jobsuche geholfen habe? Davon weiß man heute nichts mehr. Da habe es wohl keinen Bedarf gegeben.

Monika Saoudi, die in der Halle einen Gemüsestand betrieben hat, sagt heute, dass die Ablöseverhandlungen „höflich“ verlaufen seien, „aber wir wurden unter Druck gesetzt“. Aus Sicht des Kontrollamts war die Stadt sogar zu fair: Die Ablöse (insgesamt 11,25 Mio. Euro) sei zu großzügig bemessen gewesen.

„Ansonsten“, sagt Saoudi, „hat die Stadt uns im Regen stehen gelassen. Es hat sich niemand um irgendwas gekümmert.“ Vermittlung von Geschäftsflächen? Fehlanzeige. Die versprochene Hilfe bei der Standortsuche war in der Realität nicht mehr als „eine Liste mit leer stehenden Marktständen“. Und das waren „keine guten Märkte“. Kein Wunder, dass die meisten lieber die Ablöse nahmen, viele gingen in Pension.

Statt wie von der Stadt angekündigt die Nahversorgung um Wien-Mitte zu sichern, haben sich die Standler, wie es Bezirkschef Hohenberger formuliert, „in alle Himmelsrichtungen vertschüsst“. Vertschüssen müssen. Sie zurückzuholen für seinen geplanten Markt werde gar nicht leicht, glaubt er. Unrealistisch ist ein Revival aber nicht: Der Bauträger BAI hat den Standlern schon 2007 angeboten, dass sie nach dem Umbau in einem Spezialitäten-Corner weitermachen könnten. Ein Konzept, das Hohenbergers Idee ähnelt. Weiter geht die Planung der BAI aber noch nicht. Dazu, heißt es, sei es noch zu früh.

AUF EINEN BLICK

Die Landstraßer Markthalle, 1979 eröffnet, wurde 2008 geschlossen, da sie laut Stadt Wien wirtschaftlich unrentabel ist. Der dritte Bezirk möchte nun den Markt am selben Standort nach dem Umbau von Wien-Mitte in verkleinerter Form reaktivieren.

Derzeit wird die Halle von vier Wiener Galeristen als temporäre Ausstellungsfläche genützt („Breathless“: bis 24. Mai, täglich 14 bis 20 Uhr).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.05.2009)

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