Strafvollzug: Fußfessel wird neu ausgeschrieben

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Ein prestigeträchtiger Auftrag, nämlich die bundesweite Versorgung mit Fußfesseln, wird vom Justizressort neu vergeben: Wer gewinnt, hat für weitere Projekte den Fuß in der Tür.

Österreichs Gefängnisse sind – wieder einmal – überfüllt. Als Rettungsanker gilt die Möglichkeit, Strafen im Hausarrest verbüßen zu dürfen. Diese Vollzugsform, bei der die Täter zu individuell festgesetzten Zeiten in den eigenen vier Wänden sein müssen und dabei durch Fußfesseln überwacht werden, soll künftig im Einzelfall bis zu eineinhalb Jahre lang eingesetzt werden können. Derzeit sind es maximal zwölf Monate. Doch welches Unternehmen liefert künftig die Fußfessel-Technik? Wer hat das nötige Know how? Dies soll nun eine Neuausschreibung zeigen.

Kurzer Rückblick: Am 23. August 2010 war der Zuschlag an die Firma Elmo-Tech (diese wurde vom 3M-Konzern gekauft und in diesen integriert) erteilt worden. Die Vergabesumme für drei Jahre Laufzeit inklusive der Option auf befristete Verlängerung hatte damals 2,7 Millionen Euro betragen. Dieser Vertrag läuft nun aus. Spätestens bis August 2016 muss feststehen, wer künftig das „Fußfessel-Paket“ an die österreichische Justiz liefert.

„Um den Jahreswechsel 2015/2016 wird eine EU-weite Ausschreibung laufen“, bestätigt der für Informations- und Kommunikationstechnik zuständige leitende Staatsanwalt im Justizressort, Peter Hubalek, der „Presse“. Und: „Ich rechne mit mehreren Bewerbern.“ Tatsächlich gilt der Bereich als umkämpftes Terrain. Abgewickelt wird die Vergabe von der Bundesbeschaffung GmbH (BBG). Rund um diese (gesetzlich geregelte) Prozedur ist freilich mit dem Einsatz von etlichen Lobbyisten zu rechnen.

Die Fußfessel-Neuausschreibung gilt für die Sicherheitsbranche einerseits als Prestigesache andererseits als Türöffner für weitere Aufgaben. Der Sieger wird nämlich den Fuß in der Tür haben, wenn es künftig auch in anderen Bereichen darum geht, den Staat bei Erfüllung hoheitlicher Aufgaben zu unterstützen.

Mehr privat, weniger Staat?

Private Sicherheitsdienstleister haben zuletzt auch in Österreich ihr Vorhaben deponiert, ganze Gefängnisse zu kontrollieren bzw. zu verwalten, wie dies etwa in den USA der Fall ist. Aktuelles Beispiel für den Trend in diese Richtung ist das (allerdings bei weitem nicht ausgelastete) Schubhaftzentrum im steirischen Vordernberg, wo ein privater Sicherheitsdienstleister (G4S) im Verbund mit Polizisten die Betreuung der Angehaltenen übernommen hat.

Nur GPS verrät Aufenthalt

Ob die Fußfessel neu auch Änderungen auf technischer Ebene bringen wird, hängt ganz von den Vorgaben des Strafvollzugs ab, die derzeit definiert werden. Zu internen Debatten führt immer wieder der Umstand, dass derzeit bei nur etwa zehn Prozent der Fußfesselträger auf Ortung via GPS gesetzt wird. Der weitaus größere Teil der betroffenen Täter kann nur insoweit elektronisch überwacht werden, als eine Basisstation im Haushalt des Verurteilten meldet, ob dieser wie vereinbart am Wohnort eintrifft (Radiofrequenz-Technologie). Prinzipiell wird die Fußfessel (vereinfacht gesagt ein schwarzes, mit einem Sender versehenes, um das Fußgelenk gelegtes Kunststoffband) nur dann gewährt, wenn der Kandidat einer geregelten Beschäftigung nachgeht.

Nun zur erwähnten GPS-Variante: Der große Vorteil dieser – nicht überall fehlerfrei funktionierenden – Technik ist, dass die für ganz Österreich zuständige Einsatzzentrale innerhalb der Justizanstalt Wien-Josefstadt permanent den genauen Aufenthaltsort der Fesselträger kontrollieren kann. Somit kann die Zentrale auch überwachen, ob sich Täter an Betretungsverbote hält, oder ob er seinen Aktionsradius verbotenerweise ausdehnt (indem er beispielsweise Tabuzonen, etwa die Wohnung der Ex-Frau, aufsucht). Bei einem solchen Szenario wird Alarm ausgelöst. Im schlimmsten Fall wird der elektronisch überwachte Hausarrest abgebrochen und der Betreffende muss seine Haftstrafe doch in einem regulären Gefangenenhaus absitzen.

Aktuell befinden sich mehr als 300 Personen im überwachten Hausarrest. Seit Einführung der Fußfessel vor fünf Jahren haben 3200 Menschen ihre Freiheitsstrafe in dieser Vollzugsform verbracht („Die Presse“ berichtete).

Massive Rechnungshofkritik

Klar ist auch, dass die kommende Ausschreibung unter besonderer Beobachtung stehen wird. Denn die Ausschreibung im Jahr 2010 hatte für schwere Kritik des Rechnungshofes gesorgt. So hatte es etwa geheißen: „Entgegen dem Vorschlag der BBG ließ das BMJ (Justizministerium, Anm.) statt fünf nur drei Bewerber zur Anbotslegung zu. Dies schränkte den Wettbewerb unnötigerweise ein.“ Auch bemängelten die Prüfer: „Das BMJ und die Vollzugsdirektion (diese wurde mittlerweile aufgelöst, Anm.) dokumentierten ihre Entscheidungen im Vergabeverfahren unzureichend, wodurch eine Nachvollziehbarkeit nicht vollständig gegeben war.“

AUF EINEN BLICK

Mehr als 9000 Gefangene gibt es insgesamt derzeit in Österreich. Diesen hohen Stand, verursacht auch durch etwa 550 (großteils in U-Haft) sitzende Schlepper, will die Justiz durch entlastende Maßnahmen in den Griff bekommen. Paradebeispiel: der elektronisch überwachte Hausarrest. Überwachungsinstrument ist die Fußfessel. Hier steht eine Vergabe an: Der Auftrag, die Justiz mit Fußfesseln samt Technik zur versorgen, wird um den Jahreswechsel neu ausgeschrieben. Bis August 2016 soll der Sieger feststehen.

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