Der Alltag als Stadtkind . . .

Als Großstadtkind hat man es bunt, nur echte Regenbogen sieht man selten. Auf dem Land wächst man mit der Natur auf, für Kultur muss man aber immer wieder in die Stadt.
Als Großstadtkind hat man es bunt, nur echte Regenbogen sieht man selten. Auf dem Land wächst man mit der Natur auf, für Kultur muss man aber immer wieder in die Stadt.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Das Angebot für Kinder, die in großen Städten aufwachsen, ist riesig. Einfach ist es in der großen, lauten, vollen Stadt aber trotzdem nicht immer.

Wien. Großstadtkinder haben es gut. Noch bevor sie selbstständig gehen können und lange bevor sie je eine Kuh in echt sehen, haben sie schon die Pandas im Zoo gesehen. Rosa Flamingos sind ihnen vertrauter als Blaumeisen.

Wenn sie drei oder vier sind, können Stadtkinder an jedem Wochenende eine andere Kinderführung in den Museen besuchen, an Mal- und zig anderen Workshops teilnehmen. Die Freunde, selbst jene, die ihre Kinder in größeren Städten wie Graz aufziehen, werden da ganz neidisch: Bei euch in Wien, was es da alles gibt.

Stimmt schon. Großstadtkinder haben es aber auch nicht immer nur leicht. Denn Wien ist groß, laut, es ist fast immer überall voll. Schon Erwachsene stresst die Großstadthektik oft – wie muss es da erst einem ein Meter großen kleinen Menschen gehen? Kommt Besuch von auswärts, finden die Gästekinder das U-Bahn-Fahren oft spannend wie das Fliegen im Flugzeug. Dem eigenen Kind, das sich täglich in die volle U4 quetschen muss, ist der öffentliche Verkehr oft zuwider. Dass man diesen trotzdem schätzt, versteht sich von selbst. Denn für viele der eingangs erwähnten Angebote ist man auf Bus und U-Bahn angewiesen, denn noch so ein Nachteil für Stadtkinder: Im eigenen Grätzel und in Gehweite gibt es nicht wahnsinnig viel, außer dem betonlastigen Spielplatz, auf dem es sich aber, immerhin, toll üben lässt, auf einem Rad ohne Stützräder zu fahren.

Ein Regenbogen?

Will man richtig ins Grüne und nicht nur in den Stadtpark, der genau das ist, wonach er klingt – ein Park in der Stadt – braucht man viel Zeit für Hin- und Rückweg. Viel zu selten ist ein Stadtkind im Wald, wo es – als Elternteil ist man dankbar, dass es das intuitiv trotzdem kann – mit Steinen und Stöcken spielt. Einen Regenbogen hat es das erste Mal mit fünf Jahren im Sommerurlaub am Land gesehen. In Wien haben ihm schlicht die riesigen Häuser überall die Sicht verstellt.

Und bis das Stadtkind selbstständig zur Freundin fahren kann, wird es noch dauern: In Wien sind Kinder lange auf Erwachsene angewiesen, die sie überallhin begleiten müssen. Auch der Weg zur Wunschschule ist Sechsjährigen oft noch nicht allein zumutbar.

Und dann überhaupt der Winter. Der Schnee, so er überhaupt kommt, ist viel zu schnell grau, patzig und für Kinderspiele unbrauchbar. Sobald es einmal schneit, gilt es also, die Rodel durch die Häuserschluchten zu schleppen, um irgendwo in einem kleinen Park einen noch viel kleineren Hügel zu finden, den das Kind hinunterrutschen kann. Von „Rodeln“ zu sprechen, wäre wahrlich vermessen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.12.2015)

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