Graz: Vertauschtes Baby gesucht

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Eine heute 25-Jährige bemerkte im Vorjahr, dass sie nach der Geburt vertauscht wurde. 200 Mütter und 200 Töchter sollen nun zum DNA-Test.

Graz. 

Passiert sein soll es im Herbst 1990 in der Universitätsklinik am Grazer LKH. Eine heute 25-jährige Frau dürfte dort auf der Geburtenstation mit einem anderen Mädchen vertauscht worden sein, so die Recherchen der „Kleinen Zeitung“.

Für 200 andere 25-jährige Frauen, ihre Eltern und – wenn vorhanden – Kinder fängt die Zeit der Ungewissheit jetzt erst an. Und wird vielleicht niemals enden. Damals, zwischen 15. Oktober und 20. November 1990, kamen die nun erwachsene Frau und ihre nicht leibliche Mutter mit 200 anderen neu geborenen Mädchen in Kontakt. Um mit Sicherheit festzustellen, wer da mit wem vertauscht und wer korrekt zugeordnet wurde, müssten sich alle von ihnen einem DNA-Test unterziehen. Nach der Veröffentlichung des Vorfalls am Mittwoch startete das LKH jedenfalls einen entsprechenden Aufruf auf seiner Internetseite und richtete eine Telefonhotline ein (0316/ 385 345 67). Bis zu Redaktionsschluss dieser Ausgabe haben sich zehn Personen gemeldet.

Der Sachverhalt ist kompliziert und für alle Beteiligten emotional schwierig. Dass da etwas nicht stimmen kann, bemerkten Mutter und nicht leibliche Tochter im Vorjahr, als beide an einer Blutspendeaktion teilnahmen. Ein DNA-Test danach brachte Gewissheit. Gemeinsam mit der Uni-Klinik wurde zunächst versucht, auf Grundlage der noch vorhandenen Patientenakten mögliche Fehler zu rekonstruieren. Erfolglos. Anschließend wog die Klinikleitung ab, ob es Sinn haben könnte, alle infrage kommenden Personen über den Vorfall zu informieren, verwarf die Idee aber. Grund: Das Vertauschen kann nur dann mit Sicherheit aufgeklärt werden, wenn sich alle Betroffenen freiwillig einem DNA-Test stellen. Das war (und ist) unwahrscheinlich.

„Wahrscheinliche Opfer“

Also übermittelte das LKH der Staatsanwaltschaft eine Sachverhaltsdarstellung. Die Hoffnung dahinter: Die Behörde würde im Rahmen eines Verfahrens wegen möglicher Kindesentziehung oder der Unterschiebung eines Kindes vielleicht verpflichtende DNA-Tests anordnen. Abgesehen davon, dass es für eine Straftat keine Anhaltspunkte gab, musste die Staatsanwaltschaft das Verfahren einstellen. Denn selbst wenn es 1990 zu einer Straftat gekommen wäre, wäre diese inzwischen verjährt.

Wie die „Kleine Zeitung“ berichtet, seien allerdings dazu brisante Informationen im Umlauf. Darunter ein internes Gutachten, demnach von den 200 betroffenen Frauen neun eine höhere Wahrscheinlichkeit besitzen, vertauscht worden zu sein. Deren Namen seien bekannt. Eine Kontaktaufnahme hätte laut Klinikleitung aber einen „unverhältnismäßigen Eingriff in Familienverhältnisse“ bedeutet.

Die irrtümliche Verwechslung von Neugeborenen in Krankenhäusern kommt extrem selten vor. Der bisher einzige in Österreich bekannte Fall wurde 2005 im Landesklinikum Mistelbach dokumentiert und war wenige Tage nach der Geburt aufgeklärt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.01.2016)

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