Innere Sicherheit: Ein Plan gegen junge, zornige Fremde

 Erwarten künftig (noch) mehr Fremde in Strafverfahren und Gefängnissen: Innenminister Wolfgang Sobotka, Justizminister Wolfgang Brandstetter und Konrad Kogler, Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit (v. l. n. r.).
Erwarten künftig (noch) mehr Fremde in Strafverfahren und Gefängnissen: Innenminister Wolfgang Sobotka, Justizminister Wolfgang Brandstetter und Konrad Kogler, Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit (v. l. n. r.).(c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER)
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Polizei und Staatsanwaltschaften wollen gegen Kleinkriminelle, insbesondere Fremde, künftig härter vorgehen. Die Justiz plant, dafür die Gefängnisse freizuräumen.

Wien. Die Informationen zur Sicherheitslage für die Bevölkerung sind diffus, die daraus abgeleiteten Maßnahmen jedoch konkret: Österreichs Strafverfolgungsbehörden wollen die Welle der Kriminalität, die derzeit durchs Land schwappt, härter bekämpfen. Die viel beachteten Straftaten reichen von Körperverletzungen, Diebstählen, Drogenhandel und Sexualdelikten bis hin zu Mord. Verantwortlich für die Entwicklung sind nach Angaben des Innenministeriums insbesondere junge, perspektivlose Männer aus dem Ausland.

Innenminister Wolfgang Sobotka glaubt, mit folgenden drei noch zu schaffenden Instrumenten bis Anfang Sommer einen wirksamen Hebel schaffen zu können.

► Schubhaft für Verdächtige. Zahlreiche ausländische Beschuldigte tauchen nach nicht rechtskräftigen, erstinstanzlichen Urteilen unter. Künftig sollen sie bei Fluchtgefahr, und wenn es für Untersuchungshaft nicht reicht, in Schubhaft genommen werden. Dazu müsste das Fremdenpolizeigesetz geändert werden. Es erlaubt Schubhaft derzeit nur, wenn Fluchtgefahr in Bezug auf eine bevorstehende Abschiebung besteht. Künftig soll dies auch dann möglich sein, wenn die Gefahr gegeben ist, dass sich der Beschuldigte dem weiteren Strafverfahren entzieht.

► Meldepflicht für Sexualtäter. Personen, gegen die wegen eines Sexualdelikts ermittelt wird, über die jedoch keine Untersuchungshaft verhängt wurde, sollen sich künftig zu „Belehrungen“ über angemessenes Verhalten in Österreich verpflichtend bei der Behörde melden müssen. Kommen sie dem nicht nach, so der Plan, werden sie zwangsweise von der Polizei vorgeführt. Sobotka äußerte die Hoffnung, dass man damit „gerade bei jungen Asylwerbern noch einiges erreichen kann“.

► Sicherung von DNA-Proben. Die Erfassung von DNA-Profilen ist derzeit nur beim Verdacht schwererer Sexualdelikte erlaubt (ab einem Jahr Strafandrohung). Das Sicherheitspolizeigesetz soll so geändert werden, dass eine entsprechende Spurensicherung auch bei geringen Delikten, etwa sexueller Belästigung („Po-Grabschen“), möglich ist. Die Behörden erhoffen sich dadurch bessere Möglichkeiten bei der Verfolgung von Serientätern.

Als Argument für diese Maßnahmen dient Sobotka die Zunahme bei eingangs erwähnten Delikten. Die Zahlen dahinter legt das Innenministerium jedoch auch auf mehrmalige Nachfrage nicht offen. Diese stammen aus dem sogenannten Sicherheitsmonitor, einem internen Analysewerkzeug, das nur sehr wenig mit der qualitätsgesicherten Kriminalstatistik zu tun hat.

60 Prozent aller Straftaten werden demnach von Männern im Alter zwischen 14 und 40 Jahren begangen. Ein „maßgeblicher Anteil“, davon, heißt es, seien beschäftigungslose Fremde. Dieser Gruppe, so Konrad Kogler, Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, müsste künftig verstärkt ein strukturierter Tagesablauf angeboten werden. Quasi im Eigeninteresse der Republik, als strategisch bedeutsame Maßnahme zur nachhaltigen Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit. Hiefür seien im Innenministerium bereits Gespräche mit den Bundesländern und Organisationen geplant, die – zum Beispiel – in der Flüchtlingsbetreuung tätig sind.
Bei Personen, bei denen die Prävention nicht hilft, will man künftig schnellere Straf-, Asyl- und Abschiebeverfahren durchsetzen. Hierfür richtet die Justiz demnächst Schwerpunktstaatsanwälte ein, die als direkte Ansprechpartner für die Polizei dienen.

Die Erwartungen an das Maßnahmenbündel sind offenbar so groß, dass Justizminister Wolfgang Brandstetter damit beginnen will, Gefängnisse durch Abschiebungen zu leeren, um Platz für neue Häftlinge zu schaffen. Da sei „noch einiges möglich“. Derzeit sind 21 Prozent der Strafhäftlinge EU-Bürger. Diese könnten vergleichsweise einfach von der Justiz ihrer Heimatländer übernommen werden. (awe)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.05.2016)

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