Die neu entflammte Liebe zur Bahn

Zug bei Gundhabing, Kitzb�hel, Tirol, �sterreich
Zug bei Gundhabing, Kitzb�hel, Tirol, �sterreich(c) Franz Waldh�usl / picturedesk.co (Franz Waldh�usl)
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In keinem EU-Land wird so viel Zug gefahren wie in Österreich. Die Zuneigung zu Schienenfahrzeugen ist in den vergangenen zehn Jahren durch Maßnahmen wie Streckenausbau, S-Bahnen und Hochgeschwindigkeitszüge stetig gewachsen.

Wien. Österreich ist Europameister im Zugfahren. Fast. Nur die Schweiz ist mit 2429 Kilometern pro Kopf besser. Aber immerhin ist Österreich seit 2013 EU-Meister – Kanzler Christian Kern war damals ÖBB-Chef.

Mit 1425 gefahrenen Bahnkilometern pro Person hat Österreich Frankreich (1361 Kilometer), Dänemark (1261 Kilometer) und Schweden (1244 Kilometer) überholt. Insgesamt werden in Österreich jährlich rund 12,1 Milliarden Personenkilometer gefahren. EU-Schlusslicht beim Bahnfahren ist Griechenland mit lediglich 75 Kilometern pro Person. Malta und Zypern haben gar kein Bahnnetz.

Laut Analysen des Verkehrsclubs Österreich (VCÖ), die auf Daten der EU-Kommission basieren, steigt der Trend zum Bahnfahren in der gesamten EU. Die Liebe der Österreicher zum Zug zeichnet sich statistisch vor allem seit dem Jahr 2005 ab. Ab diesem Zeitpunkt begann die ÖBB, die Streckennetze massiv auszubauen, die Züge zu modernisieren sowie Zusatzangebote zu schaffen. Ab 2007 wurde das S-Bahnnetz ausgebaut.

Besonders in der Steiermark, in Tirol und Vorarlberg wurden hier dichte Strukturen geschaffen. Oberösterreich ist heute das einzige Bundesland, das noch immer kein S-Bahn-Netz hat. Das soll noch dieses Jahr nachgeholt werden. Ab Dezember 2016 sollen sechs S-Bahn-Linien an den Linzer Hauptbahnhof angebunden werden. In den vergangenen Jahren wurden weiters im ganzen Land viele sogenannte Taktknoten geschaffen – also Bahnhöfe, wo es beim Umsteigen kaum noch Wartezeiten gibt, was die Gesamtfahrzeit verkürzt. Beispiele dafür sind etwa Amstetten in Niederösterreich oder Attnang-Puchheim in Oberösterreich.

Mit dem Zug schneller als mit dem Auto

Die Westbahnstrecke wurde in den vergangenen Jahren laufend modernisiert und ist von Geschwindigkeit und Taktung mittlerweile auf Schweizer Niveau. Für die Strecke Wien–Linz braucht man nun eine Stunde und 16 Minuten – das ist deutlich schneller, als man mit dem Auto wäre. „Das erhöht die Attraktivität des Zugs natürlich enorm“, sagt VCÖ-Sprecher Christian Gratzer.

Nicht zuletzt wurden auch die Bahnhöfe seit den 2000er-Jahren kontinuierlich saniert, modernisiert und attraktiviert. Mit der Fertigstellung des Hauptbahnhofes in Wien sind die größten Umbauprojekte nun abgeschlossen.

Das Bahnfahren ist im vergangenen Jahrzehnt also in vielerlei Hinsicht attraktiver geworden, das Image der ÖBB hat sich wieder zum Positiven gewandelt – der Zug hat sich zum zweitliebsten Verkehrsmittel der Österreicher hinaufgearbeitet. Auf Platz eins rangiert noch immer das Auto: 2014 wurden rund 76,6 Milliarden Personenkilometer gefahren, das sind pro Einwohner 8965 Kilometer. Auf Platz drei liegen kaftstoffbetriebene Busse. 2014 wurden 9,8 Milliarden Personenkilometer zurückgelegt – das sind pro Einwohner rund 1143 Kilometer. Mit elektrisch betriebenen öffentlichen Verkehrsmitteln wie U-Bahn, Straßenbahn oder O-Bus wurden in den Städten rund 7,4 Milliarden Kilometer zurückgelegt – das sind pro Einwohner rund 864 Kilometer.

In Dingen Bahn ist Österreich in einem anderen Bereich sogar Weltmeister: Kein Land hat auf seine Einwohner gerechnet so viele Patente, die mit Zügen und Schienen zu tun haben. So ist die Firma Kapsch etwa mit einem Zugfunk Weltmarktführer, die Voestalpine mit ihren Weichensystemen und Siemens mit Technik für Nahverkehrszüge.

AUF EINEN BLICK

Bahn.Seit 2013 wird in keinem EU-Land mehr Zug gefahren als in Österreich. Das hat mit Attraktivierungsmaßnahmen seit 2005 zu tun: Strecken wurden ausgebaut, Züge und Bahnhöfe modernisiert. 2007 wurde das S-Bahnnetz ausgebaut – bis auf Oberösterreich haben heute alle Länder eine S-Bahn. Österreich ist in Dingen Zug auch Weltmeister: Kein Land hat auf die Einwohner gerechnet so viele Patente, die mit Zügen zu tun haben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.06.2016)

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