Granaten-Einschlag: Scharfschießen mit falschen Daten

(c) APA (Peter Lechner)
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Die Granate in Allentsteig „verirrte“ sich durch menschliches Versagen. Wie berichtet, war die Granate in einem Wohngebiet eingeschlagen. Der Fall schlägt jetzt auch politische Wellen.

WIEN/ALLENTSTEIG (stög./red.). Nach dem Einschlag einer fehlgeleiteten Granate am Mittwoch in einem Wohngebiet von Allentsteig (NÖ) steht seit Freitag die Ursache fest: Es handelt sich um menschliches Versagen eines Geschützführers. Dieser habe offensichtlich im manuellen Modus geschossen. In diesem seien alte, unkorrekte Daten gespeichert gewesen. Im automatischen Modus hätten sich hingegen die richtigen Daten befunden, hieß es beim Bundesheer.

Auf die Frage, warum der Soldat den Moduswechsel vollzogen hat, gibt es derzeit keine Erklärung. Künftig muss beim Scharfschießen jeder Wechsel zwischen dem automatischen und dem manuellen Modus gemeldet werden.

Bei dem Mann, zu dem das Bundesheer am Freitag keine näheren Angaben machte, handle es sich um einen „erfahrenen Soldaten“. Er stehe seit dem Vorfall unter Schock und wurde vorerst von seiner Tätigkeit abgezogen. Gegen ihn wurde eine Straf- und Disziplinaranzeige eingebracht.

Pilz: „Entsorgungsschießen“

Wie berichtet, war die Granate etwa drei Kilometer vom berechneten Ziel statt auf dem Gelände des Truppenübungsplatzes in einem Wohngebiet eingeschlagen. In der Siedlung entstand Sachschaden an Häusern, an einer Straße und einem Pkw. Personen wurden keine verletzt. Am Freitag waren die Schäden bereits weitgehend beseitigt und die Opfer finanziell entschädigt. Verteidigungsminister Norbert Darabos hatte am Unglücksort gemeint, so ein Vorfall dürfe „nicht passieren“.

Unterdessen schlägt die „verirrte“ Granate aber bereits politische Wellen: Manfred Haidinger von der FP-Gewerkschaft AUF fragt jetzt, ob diese „menschliche Schwäche durch die finanzielle Misere im Bundesheer, die dazu geführt hat, dass viele Ausbildungsinhalte nicht geübt werden konnten“, herbeigeführt wurde. Darabos sei dafür verantwortlich, dass das Geld für regelmäßiges Üben fehle.

Am Donnerstag hatte bereits ein hoher Offizier im Gespräch mit der „Presse“ kritisiert, dass durch „Einsparungen zu selten am Gerät geübt“ werde.

Grünen-Sicherheitssprecher Peter Pilz erklärte am Freitag hingegen, den Unfall in Allentsteig als menschliches Versagen abzutun, gehe „völlig in die falsche Richtung“. Seit Längerem würden auf dem Truppenübungsplatz „Entsorgungsschießen veranstaltet“, meinte Pilz. Statt wie vor Jahren in der Bundesheer-Reformkommission vereinbart, die Artilleriemunition professionell abzurüsten und zu entsorgen, sehe Darabos zu, „wie die Munition in Allentsteig einfach in die Landschaft und in die umliegenden Orte geschossen wird“.

Das Verteidigungsministerium wies die Darstellung von Pilz scharf zurück. „So etwas könnte es vielleicht in früheren Zeiten gegeben haben, aber hier war das definitiv nicht der Fall“, so ein Sprecher.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.09.2009)

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