Gut Aiderbichl: Rekordjahr trotz Turbulenzen

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Trotz schwerer Krankheit des Gründers und Betrugsvorwürfen läuft beim Gut Aiderbichl das Geschäft mit Not leidenden Tieren bestens. Nur die Promidichte wurde nach den jüngsten Problemen geringer.

Wien. Bandit ist ein Star. Vor ein paar Tagen war sogar ein TV-Team aus Südamerika in der Salzburger Einschicht, um die Geschichte des Gaucho-Stiers auf Gut Aiderbichl zu filmen. Das YouTube-Video von der Befreiung des an einem Strick angebundenen Tieres bewegt. Knapp 20 Millionen Menschen haben sich das Schicksal des Stiers angesehen, der von Gut Aiderbichl gerettet wurde. Auch für die Schweinedame Piggy, den Hirschen Burli oder das Fohlen Kathi gibt es Unterstützer, die Patenschaften übernehmen.

Rund 200.000 Menschen besuchen pro Jahr das Gut in Henndorf am Wallersee. Dazu kommen zwei weitere Gnadenhöfe in Iffeldorf und Deggendorf in Bayern: Gut Aiderbichl ist 15 Jahre nach seiner Gründung ein Riesenbetrieb und im Salzburger Flachgau auch ein nicht mehr zu unterschätzender Tourismusfaktor. Trotz der schweren Erkrankung von Aiderbichl-Gründer Michael Aufhauser und der Vorwürfe um umstrittene Erbschaften, die das Unternehmen in den vergangenen eineinhalb Jahren gebeutelt haben, läuft das Geschäft blendend. „Wir hatten 2015 unser wirtschaftlich bestes Jahr“, erzählt Dieter Ehrengruber, Geschäftsführer von Gut Aiderbichl, im Gespräch mit der „Presse“.

Mittlerweile 26 Gnadenhöfe

Für die mittlerweile 26 Gnadenhöfe im In- und Ausland muss der Manager dabei Fixkosten von 15 Mio. Euro abdecken. Zwei Drittel erwirtschaftet der Betrieb mit Eintrittsgeldern, Fanartikeln und Patenschaften. Ein Drittel wird über Schenkungen und Nachlässe finanziert. Rund 60 bis 100 Anfragen zur Abgabe von Tieren registrieren die Mitarbeiter von Aiderbichl pro Tag. Aber: „95 Prozent der Tiere, die zu uns kommen, haben keine Mitgift“, erzählt Ehrengruber. Über die Patenschaften können auch deren Futter- und Tierarztkosten gedeckt werden.

Ehrengruber musste im Vorjahr von einem Tag auf den anderen die Leitung des Unternehmens übernehmen. Aufhauser hatte im Mai 2015 mit einem lebensgefährlichen Aneurysma zu kämpfen. Wenige Wochen zuvor war bekannt geworden, dass im Zusammenhang mit einem zu Aiderbichl gehörenden Gnadenhof im Innviertel wegen Betrugs ermittelt wird. Es geht um Ungereimtheiten bei der Erbschaft eines vermögenden Mannes, der seinen Gnadenhof der Aiderbichl-Stiftung übertragen hat. Seit Anfang Oktober müssen sich deswegen zwei Mitarbeiter dieses Gnadenhofs wegen Untreue vor Gericht verantworten. Aber trotz dieser Turbulenzen: Zurückhaltung bei den Unterstützern und Paten ortet Ehrengruber nicht – im Gegenteil: Viele Menschen seien gerade durch die Krise auf ihn zugekommen und hätten sich als Unterstützer zur Verfügung gestellt.

Begonnen hat alles vor 15 Jahren: Exschauspieler Michael Aufhauser hatte die Tötung von Straßenhunden beobachtet. Das erschütterte ihn so, dass er die Tiere zu seinem Lebensthema machte. Anfangs habe er versucht, mit Schockbildern über Tierquälerei in die Medien zu kommen, erzählt Ehrengruber. Doch damit sei man höchstens irgendwo im Spätnachtprogramm gelandet. Die Leute wollten andere Geschichten hören. Seite an Seite mit Uschi Glas, Eliette von Karajan, Karl Moik, Claudia Jung und Hugh Grant schaffte es Aufhauser über die „Seitenblicke“-Schiene in die Medien. Nebenbei wurde für die Anliegen der Tiere geworben. Die Promidichte beim Aiderbichl-Weihnachtsmarkt übertraf so manche Festspielparty, wenn sie nach Aufhausers Rückzug auch nicht mehr so hoch wie einst ist.

Ehrengruber hat mit Aiderbichl, das derzeit 56.000 Paten hat, noch viel vor. Schließlich werden fast täglich Tiere abgegeben oder müssen aus schrecklichen Situationen gerettet werden. Jede Neuzuwachs will gut überlegt werden, die Pferde und Rinder auf Gut Aiderbichl werden auch 30 oder 35 Jahre alt. Deshalb wurde kürzlich auch ein Seniorenheim für Pferde in Henndorf eröffnet. Und um all das Wissen, dass sich die Aiderbichler in den vergangenen Jahren über Tierhaltung und die Pflege von alten und kranken Tieren angeeignet haben, weiterzugeben, plant Ehrengruber eine Aiderbichl-Akademie. Dann könnte auf dem Gnadenhof in Henndorf auch ein Hotel entstehen. Ebenso denkt er über einen idyllischen Platz für Urnenbestattungen und eine Kapelle nach, damit die Erblasser ihren Tieren auch über den Tod hinaus ganz nah sein können.

Nach den Vorwürfen ist man mit Schenkungen vorsichtiger geworden. „Wir haben unsere Compliance-Regeln verschärft“, so Ehrengruber. Wer einen größeren Betrag an Gut Aiderbichl übertragen will, muss ein Geschäftsfähigkeitszeugnis vorlegen und mit einem Anwalt seines Vertrauens erscheinen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.10.2016)

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