Verurteilt: Haftstrafe für Staatsverweigerer

 Als Staatsverweigerer stand der 46-jährige B. aus dem Bezirk Horn am Montag in Krems vor Gericht. Dieses erkannte er zwar nicht an – vor einer Verurteilung bewahrte ihn dies freilich nicht.
Als Staatsverweigerer stand der 46-jährige B. aus dem Bezirk Horn am Montag in Krems vor Gericht. Dieses erkannte er zwar nicht an – vor einer Verurteilung bewahrte ihn dies freilich nicht.(c) APA/HELMUT FOHRINGER
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Wegen versuchter Erpressung und versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt wurde am Montag in Krems ein 46-Jähriger verurteilt. Der Mann lehnt alle Staatsinstanzen ab.

Krems. Das Problem wird vom österreichischen Gesetzgeber so ernst genommen, dass derzeit sogar ein neuer Straftatbestand („Die Presse“ berichtete) ausgearbeitet wird: Die Rede ist von jener ungefähr 750Personen umfassenden Gruppe, die den Staat als Ordnungsmacht nicht (mehr) anerkennt. Einer dieser Staatsverweigerer, die auch als Verfechter der sogenannten OPPT-Bewegung auftreten (One People's Public Trust), wurde am Montag im Landesgericht Krems verurteilt.

Der 46-jährige B. aus dem Bezirk Horn bekam wegen versuchter Erpressung und versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt 18 Monate Haft. Zwei Drittel der Strafe wurden bedingt nachgesehen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Annehmen wollte B. es jedenfalls nicht. Skurrile Erklärung: „Ich verzichte auf dieses Privileg, verurteilt zu werden.“ Während der Verhandlung wollte B. nur im hinteren Teil des Gerichtssaals stehen, dabei hatte er meistens die Augen geschlossen.

B. habe sich Mitte 2015 „vom Staat verabschiedet“, sagte der Staatsanwalt. Der 46-Jährige sei „einem Wahnsystem beigetreten“ und spiele diese Rolle „bis jetzt konsequent weiter“. Als Eigentümer einer Liegenschaft in Gars am Kamp hat B. laut Anklage monatelang Müllabfuhr- und Gemeindegebühren sowie Pflichtversicherungsbeiträge nicht bezahlt und mehreren Personen, etwa dem Bürgermeister, Rechnungen über jeweils zehn Millionen Euro für die angebliche Copyrightverletzung seines Namens geschickt.

Außerdem hat er laut Anklage im US-Schuldenregister Uniform Commercial Code (UCC) Pfandrechtstitel gegen öffentliche Organe eintragen lassen. Erst auf Antrag eines österreichischen Bezirksgerichts wurden diese Forderungen wieder gelöscht. Dem Amtsleiter des Gemeindeabfallwirtschaftsverbandes teilte der 46-Jährige laut Staatsanwaltschaft schriftlich mit, ihn privat und unbegrenzt haftbar machen zu wollen, sollte er nicht für die Einstellung aller aktuellen und künftigen Exekutionen des Verbandes gegen ihn sorgen.

Der 46-Jährige, der seit 23. Dezember in U-Haft sitzt (ebenso sitzt derzeit auch ein 68-Jähriger aus dem Bezirk Melk in U-Haft), äußerte sich nicht zu den Vorwürfen. Stattdessen sagte er zur Richterin: „Ich bin ein lebender Mann aus Fleisch und Blut, ein beseeltes Wesen. Ich bin nur dem Schöpfer unterworfen. Nur mein Schöpfer kann über mich richten. Sind Sie mein Schöpfer?“

„Massiv unter Druck gesetzt“

Indes gab der Bürgermeister als Zeuge an: „Ich habe mich bedroht gefühlt, weil ich mir keiner Schuld bewusst bin. Wenn es wirklich um zehn Millionen Euro geht, weiß ich, dass ich diesen Betrag nicht zahlen kann.“ Die Vizeortschefin sagte: „Ich fühlte mich massiv unter Druck gesetzt. Ich bin als Privatperson nicht gern in einem Schuldenregister eingetragen.“

Ab Mai des Vorjahres hatte B. laut Anklage begonnen, den Ortschef von Gars am Kamp mit Mahnungen und der Drohung, Pfandrechte eintragen zu lassen, davon abbringen zu wollen, Gemeindegebühren von 570,28 Euro einzutreiben. Weitere Vorwürfe: Auch Müllabfuhrgebühren und Wasserkosten sei B. schuldig geblieben.

Bei der Sozialversicherungsanstalt der Bauern (SVB) bezahlte der 46-Jährige Beiträge in Höhe von 244,66 Euro nicht, auch hier verfasste der Angeklagte Schreiben gegen die Behörden (oder ließ diese von Helfern verfassen). Laut Urteilsbegründung verfolgte B. den Zweck, die Beamten an einer Amtshandlung, der Eintreibung von Gebühren, zu hindern. „So ein Vorgehen darf keinesfalls Schule machen, da muss man als Staat vehement dagegen auftreten“, begründete die Richterin ihren Spruch. (m. s./APA)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.01.2017)

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