Salzburg: „Keine Opferrolle bei Muslimen“

(c) Michaela Bruckberger
  • Drucken

Autorin Necla Kelek fordert mehr Engagement gegen Parallelgesellschaften. Mitschuld an diesen Parallelgesellschaften sieht Kelek in der Duldung einer nicht-emanzipatorischen Erziehung – das sei eine falsch verstandene Toleranz.

SALZBURG. Muslimen in Österreich und Deutschland mangelt es nicht an Selbstbewusstsein, sagt Necla Kelek, „das sind keine armen, unwissenden Menschen. Da ist nichts mit Opferrolle.“ Die türkisch-deutsche Sozialwissenschaftlerin und Autorin sprach am Montagabend bei der von der Salzburger ÖVP veranstalteten Diskussionsreihe „Zeitlinien“ über wachsende Parallelgesellschaften.

Auch angeblich moderne Muslime wie etwa der islamische Intellektuelle Tariq Ramadan, der im „Presse“-Interview ein neues globales Selbstbewusstsein der Muslime gefordert hatte, hätten gelernt, dem Westen zu sagen, sich nicht einzumischen, meint Kelek. Sie fordert bürgerliche Parteien im Westen daher auf, das Thema Parallelgesellschaft endlich auf die Agenda zu setzen.

Eine Aufforderung Keleks auch an die Salzburger ÖVP, die seit dem Frühjahr die Integrationsagenden innehat. In Salzburg haben rund 100.000 Menschen bei insgesamt 530.000 Einwohnern Migrationshintergrund. In Hallein, der zweitgrößten Stadt im Bundesland, wird sogar zunehmend von einer starken türkischen Parallelwelt gesprochen.

Mitschuld an solchen Parallelgesellschaften sieht Kelek in der Duldung einer nicht-emanzipatorischen Erziehung – das sei eine falsch verstandene Toleranz. Schließlich gebe es in muslimischen Parallelwelten massive Verletzungen dieser Rechte.

„Zwangsheirat an Tagesordnung“

Zwangsverheiratungen von jungen Mädchen, die aus der Türkei geholt werden, um einen ihnen unbekannten Mann zu ehelichen, seien dort an der Tagesordnung, meint Kelek. Jedes Jahr würden in Deutschland zwischen 10.000 bis 15.000 solcher „Importbräute“ verheiratet. Auch in Hallein und der Stadt Salzburg kenne man diese Phänomene.

Die mitgebrachte Kultur hindere die muslimischen Zuwanderer daran, in der Freiheit anzukommen, glaubt Kelek. Das sei auch der Hauptgrund dafür, warum ihre Integration nicht klappe: „Die Menschen sind in der freiheitlichen Gesellschaft nicht angekommen.“ Sie lebten noch in ihren archaischen Gesellschaften, der Koran stehe über allem, demokratische Regeln würden nicht anerkannt.

Wütend macht die Autorin, dass der Westen hinnehme, dass etwa beim Tragen des Kopftuchs oder beim Besuch des Schwimmunterrichts die Eltern muslimischer Mädchen entscheiden könnten, ob sie sich an solche Traditionen halten oder nicht. „Wenn ich akzeptiere, dass es eine Familienstruktur gibt, die sagt, dass ein fünfjähriges Kind ein Sexualobjekt ist und deshalb ein Kopftuch tragen muss, akzeptiere ich, dass es eine Parallelgesellschaft gibt.“
Gastkommentar Amina Baghajati,
Seite26

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.11.2009)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.