Zecken: Jede zweite ist infiziert

Kampf gegen Borkenk�fer und Zecken
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Fast 50 Prozent aller Zecken tragen Krankheitserreger in sich, so eine Studie der Med-Uni Wien. Worauf man achten sollte – und warum trotzdem nicht jeder gleich zum Arzt muss.

Wien. Es sind kleine Tiere, auf deren Bekanntschaft man gern verzichten kann. Zecken, die mit der beginnenden Saison auch Menschen wieder mehr befallen. Besonders Wanderer oder Spaziergänger im Wald.

Einen Stich (Zecken beißen nämlich entgegen der landläufigen Meinung nicht) sollte man ernst nehmen, wie eine aktuelle Studie der Med-Uni Wien belegt. Demnach ist fast jede zweite Zecke in Österreich mit einem Krankheitserreger infiziert. Insgesamt wurden 554 Zecken von Wien bis Vorarlberg analysiert.

Die wichtigste Erkenntnis: Rund 30 Prozent aller untersuchten Zecken waren mit Borrelien infiziert. Das sind mehr als vermutet. Borrelien können die Krankheit Lyme-Borreliose auslösen. Das ist eine bakterielle Infektion, die zu schweren Gelenksentzündung, aber auch Infektionen der Nervenwurzeln, Gehirnhautentzündung und Lähmungen führen kann, wenn sie nicht rechtzeitig entdeckt wird. Grundsätzlich kann Borreliose gut mit Antibiotika behandelt werden, je länger der zeitliche Abstand zum Einstich, desto schwierig ist sie allerdings zu erkennen. In Österreich gibt es jährlich 70.000 Neuerkrankungen. Ein Hinweis darauf ist eine Rötung um die Einstichstelle.

Die Wahrscheinlichkeit, von einer mit Borrelien infizierten Zecke gestochen zu werden, ist in Vorarlberg übrigens deutlich höher als in Niederösterreich, so das Ergebnis der Studie. Während in Vorarlberg 33,9 Prozent der untersuchten Zecken infiziert waren, war es in Niederösterreich nur etwa jede fünfte. Hoch ist das Risiko auch in Oberösterreich (28,3 Prozent infizierte Zecken) und Tirol (27,9 Prozent). Allerdings bedeutet „nicht jeder positive Borrelien-Test eine Erkrankung. Das ist das Tückische“, sagt Borrelien-Forscher Gerold Stanek.

Umgekehrt ist im Raum Wien jede zweite Zecke mit Rickettsien infiziert ist. Das sind Bakterien, die unter anderem Fleckfieber auslösen können. Ebenfalls hoch ist diese Gefahr in Kärnten (23,8 Prozent) und Niederösterreich (18,8). Auch diese Krankheit kann mit Antibiotika behandelt werden. Ebenfalls führend ist Wien (gleichzeitig mit Tirol) bei Zecken, die Neoehrlichiose auslösen. Rund acht Prozent der Zecken trugen dieses Bakterium. Auch hier sind die Symptome Fieberschübe. Dass in der Studie keine FMSE-infizierten Zecken aufgeführt sind, erklärt Hannes Stockinger, Leiter des Instituts für Hygiene und Angewandte Immunologie an der Med-Uni Wien, damit, dass das FMSE-Virus schwer bei Zecken nachzuweisen ist. Von früheren Studien wisse man aber, dass unter ein Prozent der Zecken das Virus in sich tragen. „Aber jede Person, der dadurch ein Schaden entsteht, ist eine zu viel. Deswegen ist eine Impfung wichtig.“

Impfen hilft nur gegen FMSE

Wichtig sei allerdings zu wissen, dass eine Impfung eben nur gegen FMSE und nicht gegen Bakterien wie Borrelien helfe. Wenn zwei, drei Wochen (oder früher) nach dem Einstich Müdigkeit, Rötungen um die Einstichstelle, Schwellungen der Lymphknoten oder gar leichtes Fieber auftreten, sollt man schnell zum Arzt gehen.

Umgekehrt weiß Stockinger von Menschen, die sich wegen eines Zeckenstichs mit der Rettung ins Krankenhaus fahren lassen. Das sei völlig übertrieben, so der Mediziner – und nütze wenig. Borrelien können etwa erst 16 Stunden nach dem Stich nachgewiesen werden. Am besten sei daher, die Zecke zu entfernen – und erst bei Symptomen zum Arzt zu gehen. Hat sich ein Tier festgesaugt, soll es mit einer Pinzette so nah wie möglich an der Haut gefasst und gleichmäßig hinausgezogen werden. Die Med-Uni Wien hat derzeit übrigens eine Zecken-Stich-Studie laufen (siehe Kasten). Dort werden Gestochene nachbetreut. (win)

AUF EINEN BLICK

Studie. Die Med-Uni Wien führt derzeit eine Zeckenstichstudie durch. Wer innerhalb einer Woche entdeckt, dass er von einer Zecke gebissen wurde, kann das Tier nach einer Terminvereinbarung in der Ambulanz vorbeibringen. Das Tier wird dann untersucht und der Patient nachbetreut. Info unter: www.meduniwien.ac.at/hai

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.05.2017)

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