Zu wenige Polizisten im Einsatz?

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Laut der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage sind derzeit in Österreich 803 Polizei-Stellen unbesetzt. Nur in Wien und im Burgenland gibt es einen Überschuss. Das Innenministerium dementiert den Mangel.

In Österreich gibt es zu wenige Polizisten. Derzeit
sind 803 Beamte weniger im Einsatz als eigentlich vorgesehen, teilte das Innenministerium in der Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage der SPÖ mit. Nur in Wien und im Burgenland gibt es einen Überschuss. Der Sicherheitssprecher der SPÖ, Otto Pendl, fordert 2.500 zusätzliche Planstellen, sowie mehr Ressourcen für die Ausbildung.

In Wien und im Burgenland sind mehr Polizisten als vorgesehen im
Einsatz. In Wien gibt es 63 zusätzliche Polizisten, im Burgenland
203. In den sieben weiteren Bundesländern sind zu wenige
Polizeistellen besetzt. In Vorarlberg fehlen zwei Polizisten, in
Niederösterreich 85, in Salzburg 140, in Tirol 189, in Kärnten 192,
in Oberösterreich 195 und in der Steiermark sogar 270.

Minus bei Weiterbildungskursen

Aus den Zahlen von Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) geht
außerdem hervor, dass 2018 voraussichtlich 861 Polizisten in den
Ruhestand treten werden. Im Jahr 2023 wird die Zahl der
prognostizierten Abgänge auf 1.267 steigen. Hier sieht Pendl
sofortigen Handlungsbedarf. "In absehbarer Zeit müssen 2.500
zusätzliche Planstellen geschaffen und mehr Ressourcen in die
Ausbildung von Polizisten gesteckt werden", sagte Pendl

Das Aufnahmeprozedere müsse beschleunigt werden und das
Ausbildungspersonal brauche mehr Ressourcen. Zusätzlich verschärft
wird die Situation laut Pendl dadurch, dass es ein großes Minus bei
den Weiterbildungskursen gebe und dadurch die Kommandanten
ausgingen.

Innenministerium dementiert

Das Innenministerium tritt der Darstellung, dass zu
wenige Polizisten im Einsatz sind, entgegen. "Aufgrund der
verzerrenden Fragestellung in der parlamentarischen Anfrage konnten
Beamte, die im Dienst sind, in der Beantwortung nicht ausgewiesen
werden", betonte Ministeriumssprecher Karl-Heinz Grundböck. Entgegen
den in der Anfragebeantwortung angeführten Zahlen seien alle Stellen
besetzt.

Die Differenz in den Zahlen ergebe sich dadurch, dass die
parlamentarische Anfrage der SPÖ ausschließlich nach der Zahl der
Beamten mit abgeschlossener zweijährlicher Polizeigrundausbildung
fragt. Daher konnte das Innenministerium in der Anfragebeantwortung
jene Beamte, die eine sechsmonatige grenz- und fremdenpolizeiliche
Ausbildung absolviert hatten, nicht anführen. Allein am Flughafen
Wien-Schwechat seien 100 Beamte mit einer solchen Ausbildung
tagtäglich im Einsatz, so Grundböck.

Hinsichtlich der Forderung von SP-Sicherheitssprecher Otto Pendl
nach 2.500 zusätzlichen Planstellen, verweist Grundböck auf das
Bundeskanzleramt: "Das Innenministerium wird sich sicher nicht
querlegen gegen mehr Personal. Zu entscheiden hat das aber das
Bundeskanzleramt. Das Bundeskanzleramt legt die Planstellen fest."

Kritik an den Polizeistellenbesetzungen kam von
Verkehrsminister Jörg Leichtfried (SPÖ) sowie vom Kärntner
Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ). Beide forderten vom
Innenministerium mehr Polizisten zum Schutz der Bevölkerung.

Minister Leichtfried will mehr Polizisten für Steiermark

Leichtfried ortete etwa für die steirischen Polizeistellen noch
weit größere Mängel bei der Besetzung. Nicht nur 270, sondern sogar
rund 500 Beamte seien zu wenig, sofern man mit Vollzeitäquivalenten
rechnet, sagte Leichtfried im Gespräch. Er warnte vor
weiteren Einsparungen bei einer konservativen ÖVP-FPÖ-Regierung. "In
der Steiermark fehlen am meisten Polizisten, sie führt die
Negativ-Liste an. Das ist unverantwortlich den Steirern gegenüber",
so der gebürtige Obersteirer. Er rechnete vor, dass in der
Steiermark derzeit 2.964 Vollzeitäquivalente bei der steirischen
Polizei besetzt sind. Das Soll liege aber bei 3.424, wie das
Innenministerium in der parlamentarischen Anfragebeantwortung
bekannt gab. Das wirke sich auf die öffentliche Sicherheit aus, aber
auch auf die im Dienst stehenden Beamten, denn für diese bedeute das
mehr Stress und eine höhere Burn-out-Gefahr.

Leichtfried kritisierte, dass Konservative bei öffentlicher
Sicherheit einsparen würden und sich immer mehr Menschen mit
privaten Sicherheitskräften schützen müssten. Das sei dann nur jenen
möglich, die sich das auch leisten können. Die SPÖ dagegen stehe für
echte öffentliche Sicherheit. Er betonte noch einmal die Forderung
der SPÖ nach 2.500 zusätzlichen Polizisten und warnte vor einer
möglichen schwarz-blauen Regierung nach der Nationalratswahl im
Oktober: "Ich fürchte, dass dann noch mehr eingespart wird." Das
Argument, dass durch die Dienststellen-Schließungen nun mehr Beamte
bei den verbliebenen Posten ihren Dienst versehen, ließ er nicht
gelten: "Die Zahlen sagen etwas anderes."

Landeshauptmann Kaiser: In Kärnten fehlen 300 PolizistenAuch der Kärntner Landeshauptmann Kaiser forderte vom

Innenministerium mehr Ressourcen und sprach von den von
Bundeskanzler und SPÖ-Chef Christian Kern genannten 2.500
zusätzlichen Polizisten. Allein in Kärnten gebe es 300 Polizisten zu
wenig. "Die ÖVP spielt gerne aus wahlkampftaktischen Gründen mit dem
Thema Sicherheit. Jetzt sind ÖVP-Obmann Sebastian Kurz und sein
Innenminister Wolfgang Sobotka gefordert, diese Nagelprobe ernst zu
nehmen, und dem Schutzbedürfnis der Bevölkerung auch tatsächlich
Rechnung zu tragen", so Kaiser.

Der stellvertretende Vorsitzende der
Polizeigewerkschaft Hermann Greylinger (FSG) zeigt sich empört über
die Aussagen des Innenministeriums. Der Verweis an das
Bundeskanzleramt, das für die Festlegung der Planstellen von
Polizisten zuständig ist, solle von "internen Versäumnissen"
ablenken. Greylinger wirft dem Ministerium vor, die Planstellen
falsch verteilt zu haben.

Die zusätzlichen Polizeibeamten seien "publikumswirksam" der
Cobra und anderen Sondereinheiten zugeteilt worden. An den
Polizeiinspektionen, wo "Polizeiarbeit an der Basis bei der
Bevölkerung" geleistet werde, fehle es aber weiterhin an wichtigem
Personal. Das Innenministerium wisse über diesen Missstand seit
Jahren bescheid, so Greylinger gegenüber der APA.

Auch Christ-Gewerkschafter Alfred Iser (FCG) würde mehr Personal
begrüßen. Er betont jedoch, wie wichtig es sei, diese zusätzlichen
Planstellen "mit Leben zu erfüllen." Hiermit spricht er den
Lehrermangel in den "randvollen Polizeischulen" an. Derzeit werde
"krampfhaft nach Lehrern gesucht", da die Schüleranzahl nicht
bewältigbar sei. Iser hofft auf Unterstützung vonseiten des
Bundeskanzleramts, um die Lehrerposten attraktiver zu machen.

(APA)

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