Neue Arten: Invasoren werden zum Problem

Noch ist die Tigermücke in Österreich nicht sesshaft – aber in Südtirol warnt das Land schon, kein Wasser im Garten stehen zu lassen, denn dort könnte heuer im Spätsommer die erste Tigermückenplage kommen.
Noch ist die Tigermücke in Österreich nicht sesshaft – aber in Südtirol warnt das Land schon, kein Wasser im Garten stehen zu lassen, denn dort könnte heuer im Spätsommer die erste Tigermückenplage kommen.(c) imago/blickwinkel
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Die Tigermücke könnte Denguefieber auch nach Österreich bringen, auch andere fremde Arten bringen Probleme mit. Forscher gehen dem nun auf den Grund.

Wien. Die Asiatische Tigermücke wird zum Problem: Sie überträgt Viren, die Krankheiten wie Denguefieber oder Chikungunyafieber auslösen können. Krankheiten also, über die man bisher eher nicht nachdenken musste, wenn man hierzulande abends mit quälenden, aber letztlich doch ungefährlichen Stechmücken zu tun hatte.

Auch jetzt besteht de facto keine Infektionsgefahr, aber das könnte sich ändern. Denn die Tigermücke ist hierzulande zwar noch nicht sesshaft, wird aber immer wieder nachgewiesen. Das Land Südtirol hat kürzlich vor einem Anstieg der Tigermückenpopulation gewarnt, in Ablagefallen seien Eier nachgewiesen worden, immerhin sind heuer die Bedingungen perfekt: Die Hitze verringert die Entwicklungszyklen, dazu hinterlassen Wärmegewitter Wasseransammlungen. Seit Mai wurden einzelne Tigermücken nachgewiesen, im Spätsommer könnte erstmals eine Plage drohen, heißt es in Südtirol, wo die Bevölkerung schon gemahnt wird, bei der Vorsorge mitzuwirken: Indem etwa in Gärten keine Objekte, die sich mit Wasser füllen, stehengelassen werden.

So weit ist es in Österreich noch nicht, aber die Entwicklung geht in diese Richtung: Immer wieder wurden Tigermücken gesehen, vor allem in Ballungsräumen. Noch ist nicht klar, ob es einzelne eingeschleppte Exemplare sind, oder ob sich die Moskitos ansiedeln, sagt Franz Essl vom Department für Botanik und Biodiversitätsforschung der Uni Wien, der sich der Erforschung und Einschätzung des Phänomens der Neobiota, der gebietsfremden Arten, annimmt.

Ein Forscherteam mit österreichischer Beteiligung hat nun ein Einstufungssystem entwickelt, mit dessen Hilfe die Auswirkungen eingeschleppter Arten auf den Menschen bewertet werden sollen. Diese Methode soll helfen, schädliche Neulinge in Gebieten zu bekämpfen, in denen sie nicht heimisch sind. Denn das Phänomen der invasiven Arten, des Austausches von Tieren, Pflanzen, aber eben auch Krankheitserregern durch Aktivitäten des Menschen gewinnt an Dynamik. Begonnen hat das schon mit der Entdeckung Amerikas, aber weltumspannender Warenverkehr und Tourismus, und dann auch noch die steigenden Temperaturen beschleunigen das erheblich.

Franz Essls Forschungsergebnisse demonstrieren das: „Wir haben im Jahr 2002 eine Art Inventur bei heimischen Arten gemacht und bei den Pflanzen 1100 Neobiota, bei Tieren 500 Arten gefunden. Innerhalb der vergangenen 15 Jahre ist diese Zahl nun um 20 Prozent gestiegen“, so der Wissenschaftler. Und die Arten, die bisher bemerkt wurden, sind nur die Spitze des Eisbergs, die meisten Einwanderer fallen gar nicht auf. Diejenigen, die das tun, aber meist eher negativ.

20 Prozent mehr fremde Arten

Das aus Nordamerika stammende Ragweed, das Beifußblättrige Traubenkraut, etwa ist im Hochsommer hierzulande wegen seiner Pollen bei Allergikern gefürchtet. Der eingeschleppte Schlauchpilz wird für das Eschensterben verantwortlich gemacht. Und der Asiatische Marienkäfer, der Ende des 20. Jahrhunderts zur Schädlingsbekämpfung in Gewächshäusern nach Europa geholt wurde, hat sich verselbstständigt und verdrängt die heimischen roten Marienkäfer.

Wie soll man mit solchen Eindringlingen umgehen? Da, sagt Essl, gebe es keine Patentantwort. Einige Arten blieben nur kurz und verschwinden wieder. Vorerst gehe es darum, die Folgen zu untersuchen. Die EU hat mittlerweile jedenfalls eine Liste von rund 50 Arten erstellt, gegen deren Ausbreitung die Mitgliedstaaten Vorkehrungen treffen müssen, etwa indem diese nicht importiert, verkauft oder gezüchtet werden dürfen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.08.2017)

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