SPÖ vermutet "unlautere Intervention" für Politiker-Bruder

Hannes Jarolim
Hannes JarolimAPA / Fohringer
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Ein steirischer Arzt und Bruder eines Politikers steht wegen des Vorwurfs jahrelangen Quälens seiner Kinder vor Gericht. SPÖ-Justizsprecher Jarolim stellt dazu eine parlamentarische Anfrage.

SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim macht die Causa eines steirischen Arztes und Bruders eines prominenten Politikers einer gegnerischen Partei zum Wahlkampfthema. Der Arzt steht wegen des Vorwurfs jahrelangen Quälens seiner Kinder vor Gericht. In einer parlamentarischen Anfrage deponierte Jarolim nun den Verdacht "unlauterer und anmaßender" politischer Interventionen, um Skandale zu vertuschen.

Die Causa wurde durch das Gerichtsverfahren gegen den steirischen Arzt im Jänner dieses Jahres öffentlich bekannt. Dieses wurde zwischenzeitig unterbrochen, um ein Gutachten einzuholen. Mittlerweile wurde der Angeklagte als zurechnungsfähig eingestuft, die Verhandlung wird am 29. September fortgesetzt. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Steirer vor, seine - heute erwachsenen - Kinder "jahrelangen schweren Leiden" ausgesetzt zu haben. Der Arzt hatte die meiste Vorwürfe abgestritten und ging auch medienrechtlich gegen entsprechende Berichte vor.

"Unerträglicher Eindruck entstanden"

In der Causa sei "insgesamt der unerträgliche Eindruck entstanden, dass Quälen der Kinder durch politisch 'Begünstigte' anders behandelt wird als im Falle 'normaler' Staatsbürger", schreibt Jarolim nun in seiner parlamentarischen Anfrage. Er verweist darauf, dass auch das Justizministerium spätestens seit einer Anfrage (der Grünen im Frühjahr) informiert gewesen, aber "keinerlei erkennbare Reaktion" erfolgt sei.

Gegen den Arzt - Jarolim nennt in der Anfrage auch seinen Namen - seien schon jahrelang Erhebungen geführt worden. Mittlerweile sei immerhin ein völliges Berufsverbot gegen ihn verhängt worden. Den Kindern sei aber amtliche Unterstützung untersagt worden, offenbar sei "auch sonst massiver Druck auf für die Wahrheitsfindung zuständige Stellen auszuüben versucht" worden - erinnert der SPÖ-Justizsprecher u.a. an einen Gutachter, der "infolge monatelanger Interventionen von Kollegen und Politikern" um seine Abberufung ersucht hatte.

"Anders als durch unlautere und anmaßende politische Interventionen scheint das behördliche Fehlverhalten in dieser Skandalangelegenheit auch tatsächlich nicht erklärbar zu sein", schreibt Jarolim - und druckt Passagen aus einem offenen Brief der Kinder an den Presserat ab, wo der medienethische Aspekt des Falles ebenfalls schon Thema war. Darin äußern diese den Eindruck, dass ihnen wegen der Verwandtschaft zu einem Spitzenpolitiker Hilfen versagt und Fakten unterdrückt worden seien.

Der SPÖ-Justizsprecher fragt Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) und Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP), ob es in der Causa Interventionen bzw. Weisungen gab - und warum im Verfahren keine einstweiligen Maßnahmen (etwa Wegweisungen des Angeklagten) getroffen wurden, um die Betroffenen zu schützen. Außerdem erkundigt sich Jarolim nach dem Stand des Verfahrens gegen zwei Regionalpolitiker, gegen die - nach den Vorwürfen der Kinder - wegen des Verdachts der Intervention ermittelt wurde.

Pilnacek weist Jarolims Vorwürfe zurück

Strafrechts-Sektionschef Christian Pilnacek weist die Vorwürfe "auf das Schärfste" zurück. Das Verfahren sei "ohne jede Intervention" verlaufen und die betroffenen Familienmitglieder hätten die Opfern zustehende psychosoziale und juristische Prozessbegleitung erhalten. Diese sei bis heute aufrecht - wurde die Hauptverhandlung gegen den Arzt doch im Jänner unterbrochen und wird erst Ende September fortgesetzt.

Weder seitens der Staatsanwaltschaft noch seitens des Justizministeriums habe es Interventionen gegeben, betonte Pilnacek. Die nach Vorwürfen der Betroffenen aufgenommenen Ermittlungen gegen zwei Regionalpolitiker sind noch nicht abgeschlossen - und daran, dass diese Ermittlungen sofort eingeleitet wurden, sehe man auch, dass "ordnungsgemäß vorgegangen" werde. Berichtspflicht der Staatsanwaltschaft an das Justizministerium habe in diesem Fall zunächst nicht bestanden. Diese sei grundsätzlich nur bei Verfahren von besonderer und österreichweiter Bedeutung gegeben, erklärte Pilnacek. Deshalb sei das Verfahren gegen den Arzt erst berichtspflichtig geworden, als in den Medien breit berichtet und Interventions-Vorwürfe erhoben wurden. Da sei die Sache aber schon im Stadium der Hauptverhandlung gewesen, die Staatsanwaltschaft hatte also schon einen Strafantrag gestellt. 

(APA)

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