Amtsmissbrauch: ÖVP-Gemeinderätin verurteilt

Einst wurde sie auf ÖVP-Vorschlag Justizministerin, am Dienstag urteilte Richterin Claudia Bandion-Ortner über eine ÖVP-Gemeinderätin (Archivbild aus dem Gerichtssaal, 2015).
Einst wurde sie auf ÖVP-Vorschlag Justizministerin, am Dienstag urteilte Richterin Claudia Bandion-Ortner über eine ÖVP-Gemeinderätin (Archivbild aus dem Gerichtssaal, 2015).APA/H. Fohringer
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Eine geschäftsführende ÖVP-Gemeinderätin aus Niederösterreich wurde wegen Amtsmissbrauchs rechtskräftig zu zehn Monaten bedingter Haft verurteilt. Unter anderem hatte die 56-Jährige als Finanzamtsbedienstete verbotene Datenabfragen vorgenommen.

37 Jahre lang war Frau R. als Bedienstete der Finanz aktiv. In dieser langen Zeit durchlief sie mehrere Finanzamtsabteilungen im Raum Wien. 2015 musste sie das Dienstverhältnis beenden. Und auf ihre Abfertigung verzichten. In der Kommunalpolitik ist R. aber nach wie vor tätig. Als geschäftsführende ÖVP-Gemeinderätin - die betreffende Gemeinde liegt im östlichen Niederösterreich. Am Dienstag stand die 56-Jährige in Wien vor Gericht. Und wurde - nach einem Geständnis - wegen Amtsmissbrauchs rechtskräftig zu zehn Monaten bedingter Haft verurteilt.

Zwei Punkte wurden der Frau zur Last gelegt: Bereits im August 2007 soll sie zugunsten ihres Bruders und ihrer Schwägerin einen Finanzamtsakt bearbeitet haben. Einen Akt, den sie aus Gründen der Befangenheit gar nicht hätte bearbeiten dürfen.

Das Paar hatte eine Firma gegründet und brauchte eine Baubewilligung für die Errichtung einer Halle. R. leistete als Finanzamtsbedienstete Vorarbeit, in dem sie eine neue Flächenwidmung elektronisch vermerkte - dies aber im Rahmen des bestehenden Akts ("landwirtschaftlicher Akt") tat. Laut Anklage hätte die Frau einen neuen Grund- und Vermögensakt anlegen müssen. Ihr Bruder hätte dementsprechend Grundsteuer entrichten müssen.

Wurde die Gemeinde geschädigt?

Sie habe anfänglich nicht gewusst, für wieviel Grundfläche Steuern zu entrichten gewesen wären, daher habe sie auch noch keinen Akt angelegt, verteidigte sich die Frau. Dass der betroffenen Gemeinde Grundsteuer entgangen sei (diesen Vorwurf hatte die Staatsanwältin erhoben), bestritt R. Ihr Bruder habe die Steuern mittlerweile bezahlt.

Offenbar aber erst nachträglich - im Jahr 2015. R. beteuerte jedenfalls vor Gericht, dass der Gemeinde kein finanzieller Schaden entstanden sei. Und versuchte dies im Rahmen eines während laufender Verhandlung geführten Telefonats zu untermauern. Richterin Claudia Bandion-Ortner, die Vorsitzende des Schöffensenats, hatte der Angeklagten erlaubt die zuständige Sachbearbeiterin anzurufen, um auf diese Art eine Vertagung des Prozesses zu vermeiden.

Fazit: Ein finanzieller Schaden für die Gemeinde ließ sich nicht nachweisen, was am Tatbestand des Amtsmissbrauchs aber nichts änderte.

Punkt zwei der Anklage: R. hatte das finanzamtsinterne System genutzt, um Abfragen über ihre Gemeinderats-Kollegen durchzuführen. Dabei wurden in 28 Fällen ohne dienstliches Interesse und ohne Einverständnis der Betroffenen personenbezogene Daten wie etwa Adressen, Telefonnummern, Geburtsdaten oder etwa Steuerrückstände in Erfahrung gebracht.

Der "schnellste Weg", um an Informationen zu kommen

"Das war der schnellste Weg", gemeint: um an Informationen zu kommen, rechtfertigte sich die Frau. Sie habe Geburtsdaten abgefragt, um zur richtigen Zeit "gratulieren zu können". Ob sie nicht doch auch Gemeinderäte anderer Fraktionen "ausspioniert" habe, wurde R. nun von Richterin Bandion-Ortner gar nicht gefragt. Die Anklage legte diesen Verdacht aber zumindest nahe.

Nachdem R. anfänglich nicht recht wusste, ob sie sich nun schuldig bekennen sollte oder eventuell nur teilschudlig, vollzog sie im Laufe der Verhandlung einen Schwenk. Letztendlich legte sie ein umfassendes Geständnis ab. Dieses wurde ihr von Bandion-Ortner als mildernd angerechnet. Weiterer Milderungsgrund laut Richterin: "der bisherige ordentliche Lebenswandel" - und: "Sie sind ja auch nicht mehr die Jüngste." Erschwerend wertete das Gericht die Tatsache, dass R. als öffentliche Bedienstete eine "Vorbildfunktion" inne gehabt habe. Dieser Funktion habe sie nicht entsprochen.

Letztlich fragte Richterin Claudia Bandion-Ortner (vormals Justizministerin/Politikerin) die Angeklagte: "Sie haben zwar Ihren Job als Finanzamtsbedienstete verloren, aber Sie sind nach wie vor Gemeinderätin. Da gibt's kein Problem?" Selbstbewusste Antwort der Angeklagten: "Nein!"

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