Erster Ausblick auf das Burka-Verbot

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Ab Anfang Oktober gilt in Österreich das von SPÖ und ÖVP beschlossene Anti-Gesichtsverhüllungsgesetz, vulgo: Burka-Verbot. Es bringt rechtliche Grauzonen mit sich.

Wien. Die Polizei werde das neue Gesetz „behutsam, aber konsequent umsetzen“, kündigte die Generaldirektorin für öffentliche Sicherheit, Michaela Kardeis, am Donnerstag an. Sie sprach dabei vom politisch heiklen Regelwerk, nämlich vom Anti-Gesichtsverhüllungsgesetz, besser bekannt unter dem verkürzenden Schlagwort Burka-Verbot.

1. Was besagt das mit 1. Oktober in Kraft tretende Gesetz? Wo genau und für welche Personen gilt es?

Wichtigste Passage: „Wer an öffentlichen Orten oder in öffentlichen Gebäuden seine Gesichtszüge durch Kleidung oder andere Gegenstände in einer Weise verhüllt oder verbirgt, dass sie nicht mehr erkennbar sind“, riskiert eine Verwaltungsstrafe. Konkret: eine Geldstrafe bis zu 150 Euro. Die Polizei kann je nach Einschätzung des Einzelfalls auch nur einen Bruchteil dieser Summe verlangen. Das Gesetz richtet sich an alle in Österreich aufhältigen Personen. Und gilt in der Öffentlichkeit. Auch in öffentlichen Gebäuden (etwa Schulen), Einkaufszentren und öffentlichen Verkehrsmitteln.

2. Welche Verhüllungen sind definitiv verboten? Wie ist das mit Atemschutzmasken?

Das Gesetz zielt politisch auf das Verbot der Vollverschleierung streng konservativer Musliminnen ab, ist aber – nicht zuletzt, um verfassungsrechtlichen Bedenken aus dem Weg zu gehen – religionsneutral formuliert. Untersagt sind Gesichtsverschleierungen (wobei laut Kardeis unter Gesichtsfeld jenes zwischen Kinn und Haaransatz gemeint ist) – etwa durch das Tragen einer Burka oder vergleichbarer muslimischer Bekleidungsstücke. Auch nicht erlaubt sind Vermummungen durch Schals oder das Tragen von Masken, sofern es nicht bestimmte Notwendigkeiten dafür gibt. Auch das Tragen von Atemschutzmasken (man sieht das oft bei asiatischen Touristen) ist verboten, es sei denn, Österreich erlässt eine Smogwarnung.

3.Was ist weiterhin erlaubt? Welche Ausnahmen können geltend gemacht werden?

Wer im Fasching eine Clownsmaske trägt, handelt rechtens. Wer Brauchtumspflege betreibt, indem er etwa an einem Perchtenlauf teilnimmt, hat auch nichts zu befürchten. Auch etwa Mediziner dürfen/müssen klarerweise weiter Mundschutz tragen. Wer sich im Winter den Schal übers Gesicht zieht, bleibt unbehelligt. Am Motorradfahren mit Helm ändert sich selbstverständlich auch nichts.

4. Wie exekutiert die Polizei das Verbot? Welche Gangart wird sie am Anfang einschlagen.

Die Exekutive hat Folder in vier Sprachen (Deutsch, Englisch, Türkisch, Arabisch) aufgelegt, die in Wachzimmern verteilt werden, die man aber auch etwa vollverschleierten Frauen geben möchte. Wird die Verhüllung nach Ansprache durch die Polizei abgelegt, kann eine Bestrafung unterbleiben. Wenn nicht, wird die Festnahme ausgesprochen, und die Person muss mit aufs Wachzimmer. Schon allein zur Identitätsfeststellung muss dort der Schleier abgenommen werden. Offene Fragen: Wie sieht es mit dem Einsatz von Gewalt aus, wenn sich die Person weiter weigert? Oder was geschieht, wenn sich die Person beim Verlassen des Wachzimmers erneut verschleiert? Apropos Strafzahlung: Außenminister Sebastian Kurz übt scharfe Kritik am algerisch-französischen Geschäftsmann Rachid Nekkaz, der nun auch, so wie schon in anderen Ländern, in Österreich alle „Burka-Strafen“ bezahlen will. Kurz: „Wir lassen uns das sicher nicht gefallen. Wer in Österreich Niqab oder Burka trägt, muss mit Konsequenzen rechnen.“

5. Was macht das Ausland? In welchen Ländern gibt es bereits ein Verschleierungsverbot?

Österreich reiht sich in eine immer länger werdende Länderliste ein: Frankreich und Belgien haben das Burka-Verbot bereits seit 2011. Ebenso die afrikanischen Länder Gabun, Senegal, Tschad, die Republik Kongo, Kamerun (seit 2015). Marokko hat den Handel mit Burkas verboten. Und seit 2016 gilt auch in Bulgarien und im Schweizer Kanton Tessin ein entsprechendes Gesetz.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.09.2017)

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