Ausstellung: Was von Haider blieb

Haider-Tätowierung
Haider-Tätowierung(c) APA/GERT EGGENBERGER (GERT EGGENBERGER)
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Die bis Herbst verlängerte Sonderschau "Dr. Jörg Haider: 1950 bis 2008" im Klagenfurter Bergbaumuseum stößt auf begrenztes Interesse. Aber GTI-Fans, Harley-Fahrer und Urlauber sind wild auf die Schau.

Verherrlichung im Nazistollen, Verklärung, unkritische Aufarbeitung. Die Sonderschau „Dr. Jörg Haider: 1950 bis 2008“ im Klagenfurter Bergbaumuseum hatte schon vor der Eröffnung für viel Aufsehen und Kritik gesorgt. Jetzt wird die Ausstellung bis Oktober 2010 verlängert – trotz oder gerade wegen des geringen Besucherinteresses. Danach soll es eine Versteigerung geben.

„Die Ausstellung ist sehr eindrucksvoll und ehrlich“, „eine wunderschöne Ausstellung“. Stolz präsentiert Gerhard Finding das weinrote Gästebuch aus der Haider-Ausstellung. „Das ist der Grund warum wir die Sonderschau verlängern“, sagt der Leiter des Klagenfurter Bergbaumuseums und zieht genüsslich an seiner Zigarette. „Von den über 1000 Einträgen sind nur neun negativ.“ Als weiteres Argument führt der verantwortliche Kulturreferent Vizebürgermeister Albert Gunzer (FPK) „zahlreiche Anfragen von deutschen Urlaubern, GTI-Fans und Harley-Fahrern“ an, welche die Schau im Sommer unbedingt sehen möchten.

Politische Gründe. Für die Klagenfurter Gemeinderätin Evelyn Schmid-Tarmann, sie hat als Kultursprecherin der Grünen zahlreiche Anfragen zu diesem Thema gestellt, hat die Verlängerung einen anderen Hintergrund: „Die FPK-Politiker wollen sich als die wahren Erben von Jörg Haider darstellen. Mit diesen Devotionalien haben sie den Mythos im Besitz, um bei den Diadochenkämpfen mit dem verbliebenen BZÖ erfolgreich zu sein“. Gunzer bezeichnet die Vorwürfe als absurd, ein politischer Zusammenhang sei ebenso auszuschließen wie die kolportierte Verlängerung wegen Erfolglosigkeit. Aufgrund „vieler Beschwerden“ wurde sogar die Öffnungszeit von 16 Uhr auf 18 Uhr verlängert.

Lokalaugenschein im Bergbaumuseum an einem späten Donnerstagnachmittag. Ein einstündiger Rundgang durch die Stollen gestaltet sich einsam, kein anderer Besucher verirrt sich in die Ausstellung. Die musikalische Untermalung in den Räumlichkeiten spiegelt die Schizophrenie dieses Ortes wider. Mozarts „Alla Turca“, gefolgt vom Kärntnerlied „In da Mölltalleitn“; ein für den Verstorbenen aufgenommener Schlager („Was du geschaffen, bleibt bestehen“), und das unvermeidbare „Pfiat Gott, liabe Alm“.

Viele Anfragen. Museumsdirektor Gerhard Finding bereut es nicht, die Schau konzipiert zu haben und hat bereits „eine interessante Idee, die Ausstellung aufzulösen“. „Ich habe mir gedacht, dass wir am letzten Tag im Oktober einiges versteigern könnten.“ Fahnen, Fotos, die aus Plexiglas angefertigten Schautafeln oder auch persönliche Notizblöcke, die sonst in irgendeinem Lagerraum verstauben würden. „Schon seit Ausstellungsbeginn rufen Leute an und fragen, ob sie eine Fahne oder Tafel haben dürfen. Millionen werden wir aber sicher nicht machen.“

Vor einigen Wochen hatte es in Klagenfurt bei der Auktion eines Porsches, den Haider einst gefahren hatte, keinen einzigen Bieter gegeben. Prinzipielles Interesse ist laut Finding aber gegeben, denn „bei Ebay werden sogar unsere Prospekte um zwei Euro pro Stück versteigert“.

Möglich ist auch, dass jemand die gesamte Ausstellung mit den über 70 Schautafeln verwendet, konkrete Anfragen gibt es aber noch nicht. Der Großteil der Ausstellungsexponate wird nicht versteigert, sondern an Witwe Claudia und Mutter Dorothea Haider zurückgegeben. Schaukelpferd Caesar dürfte seinen Lebensabend wohl in Bad Goisern verbringen. Die Grüne Gemeinderätin Schmid-Tarmann – sie weigert sich übrigens, die Ausstellung zu betreten – kann sich hingegen einen Devotionalienraum im Bärental vorstellen. „Da sollen die Ewiggestrigen dann von mir aus hinpilgern.“

Von 20.000 Besuchern war im Vorfeld offiziell die Rede, Albert Gunzer spricht in Interviews von bis zu 50.000. Tatsächlich haben genau 6017 Personen bis zum ursprünglich geplanten Ende am 26.Jänner die Sonderschau „Dr. Jörg Haider: 1950 bis 2008“ besucht. Finding ist damit hochzufrieden. „Kollegen in anderen Museen können von solchen Zahlen nur träumen.“ Vizebürgermeister Gunzer gesteht aber ein, dass die Besucherzahlen unter den Erwartungen liegen, die Kosten von knapp 40.000 Euro wären aber schon fast zu Gänze abgedeckt. „Als die Idee entstanden ist, sind wir noch davon ausgegangen, dass das Unfallwrack ausgestellt wird. Das hätte deutlich mehr Besucher angelockt.“

Mythos verblasst. Die freundliche, grauhaarige Dame an der Museumskassa versteht die Aufregung nur bedingt. „Mir ist diese Ausstellung lieber als gar keine Ausstellung“, erklärt sie pragmatisch. Evelyn Schmid-Tarmann ist hingegen deutlich: Sie fordert das Ende der Haider-Ausstellung und ein neues Konzept für das Bergbaumuseum. Im schlimmsten Fall könnte man „da drin auch Orchideen züchten“. Sicher ist sich die Grüne jedenfalls bei der Beurteilung des Mythos Haider: „Der verblasst“, sagt Schmid-Tarmann, „denn tote Asche kann man nicht ewig am Glimmen halten“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.02.2010)

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