Fekter: „Provokationen von links nehmen zu“

Linksextremismus: Anzeigen stiegen von 64 auf 90 – Grüne: „Rechtsextremismus wird verharmlost.“

WIEN (stög.). Der aktuelle Verfassungsschutzbericht befasst sich auch mit den Gefahren von Links- und Rechtsextremismus in Österreich. „Die Provokationen von linksextremer Seite nehmen zu“, erklärte Innenministerin Maria Fekter am Montag. Die Zahl der Anzeigen in diesem Bereich stieg von 64 (2008) auf 90 (2009) – ein Plus von knapp 40Prozent.

Zu dieser Statistik meinte Peter Gridling, Chef des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT): In den meisten dieser angezeigten Fälle handle es sich um Schmieraktionen. Dennoch gehe von linken Gruppierungen zunehmend mehr Gewalt aus. „Provokationen, vor allem von der linken Seite, gibt es schon seit Längerem“, meinte Gridling. Nunmehr orte man aber auch bei Rechtsextremisten steigendes Interesse, Konflikte tätlich auszutragen. Verhaltene Kritik übte Gridling an der Polizei: Er glaube, dass es im linken Bereich „doch eher mehr Vorfälle gibt, als von der Statistik ausgewiesen“. Manche Dienststellen hätten „Schwierigkeiten, linke Straftaten zu erkennen“. Er kündigte ein „Sensibilisierungsprogramm“ in diesem Bereich an.

Die Anzeigen im rechtsextremen Spektrum gingen von 835 (2008) auf 791 (2009) zurück. Allerdings stiegen die Anzeigen nach dem Verbotsgesetz von 360 auf 396. Das führt Fekter auf eine höhere Sensibilität der Bevölkerung in diesem Bereich zurück. Die rechte Szene sei international gut vernetzt, man beobachte in Österreich allerdings „keine große Rekrutierung“, meinte Gridling. Dennoch müsse man von einer „intensiver werdenden Rekrutierung via Internet“ ausgehen, heißt es im BVT-Bericht.

Bomberjacken werden seltener

Zu beobachten sei auch eine bessere Tarnung. Heutige Rechtsextremisten würden „kein einheitliches Erscheinungsbild“ mehr abgeben. Immer seltener treten sie mit Bomberjacken und Springerstiefeln auf, erklärte Fekter. Als Fazit meinte die Innenministerin, der Rechtsextremismus in Österreich habe sich 2009 auf einem „stabilen Niveau“ gehalten.

Dafür gab es am Montag heftige Kritik von Grünen-Sicherheitssprecher Peter Pilz. „Die ÖVP hat offenbar größte Schwierigkeiten mit der Mathematik“, so Pilz. „Wir stehen vor einem massiven Rechtsextremismus-Problem mit nahezu 800 Anzeigen im Jahr 2009. Angesichts dieser Situation von einer Stabilisierung zu sprechen, fällt unter grobe Verharmlosung“, kritisierte Pilz.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.04.2010)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.